Zusammenfassung
Der vorliegende Band will sich den gegenwärtig so kontrovers diskutierten Verbindungslinien zwischen Religion und Politik theoretisch, ideengeschichtlich und empirisch nähern. Dazu stellen die versammelten Beiträge die übergreifende Frage, inwiefern Religionen allein deswegen eine unvermeidlich politische Dimension besitzen, als sie sich ihren jeweiligen historisch-politischen Kontextbedingungen ständig neu anpassen (bzw. ihren Offenbarungsanspruch immer wieder neu entdecken und erhalten) müssen, um als Glaubensrichtung Bestand und ‚Erfolg‘ zu haben: Das Erkenntnisinteresse konzentriert sich insofern nicht darauf, ob Religionen eigentlich politisch sind oder sein dürfen, sondern wie sich ihre nicht zu eliminierende politische Dimension äußert und kontinuierlich wandelt. Dabei gehen wir davon aus, dass in erster Linie soziopolitische Konflikte dafür ausschlaggebend sind, wenn sich Religionsgemeinschaften zu entsprechenden Reaktionen und Neubeschreibungen veranlasst sehen. Letzteres gilt umso mehr, sobald sie als politische Akteure an solchen Konflikten aktiv beteiligt sind.
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Notes
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Aus der Fülle an diesbezüglich relevanten Positionierungen sei an dieser Stelle nur auf Juergensmeyer (2004), Hitchens (2008), Juegensmeyer et al. (2013) verwiesen. Zur (differenzierten) Ursachenforschung über den Zusammenhang zwischen Religion und Gewalt siehe etwa Baudler (2005), Hildebrand und Brocker (2005), Riesebrodt (2007), Kippenberg (2008) und Wippermann (2013).
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Siehe Leviathan Kap. 37 und 42. Davon abgesehen gestand Hobbes dem Privatmann die innere „Freiheit“ zu, „in seinem Herzen zu glauben oder nicht zu glauben“, was der souveräne Statthalter Gottes als einheitlichen öffentlichen Kult festgelegt hat (Lev. Kap. 37, S. 340).
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Dass Locke auf der anderen Seite die Katholiken (wegen ihrer Loyalitätskonflikte zwischen Staat und Kirche) genau wie die Atheisten explizit von der allgemeinen Toleranzpflicht ausschloss, steht auf einem anderen Blatt und zeigt bereits die damaligen Schwierigkeiten, die Frage der Religion als reine Privatsache zu behandeln (Locke 1996).
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Dazu v. a. Casanova (2009).
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Siehe hierfür Nussbaums Buch The New Religious Intolerance: Overcoming the Politics of Fear in an Anxious Age (2012).
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Als Vorläufer, die Voegelins Konzept vorbereitet und wohl auch beeinflusst haben, sind in erster Linie Paul Tillich (1926), der im Kapitalismus und dem Geist der bürgerlichen Gesellschaft eine diabolisch-religiöse Kraft am Werk sah, die das Aufkommen einer innerweltlichen Gegenreligion provozieren werde, oder Karl Barth (1957, S. 94) zu nennen, der 1931 sowohl den „genuinen (russischen) Kommunismus“ als auch den „Faschismus mit seinem ,Rasse, Volk, Nation‘ […] als Religion charakterisiert[e]“, wobei Barth für seine theologische Kritik an der Idolatrie aller Religionen bekannt war (vgl. Greggs 2011). In einem unveröffentlichten Manuskript von 1935 verwendete Paul Schütz den Begriff ,politische Religion‘ hingegen umgekehrt dazu, um gleichermaßen die Notwendigkeit wie die Möglichkeit des Erhalts der Religion in einem zunehmend säkularisierten Umfeld zum Ausdruck zu bringen (vgl. Hering 2006).
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Vertiefend dazu auch die Entgegensetzung von innerweltlicher und christlicher Ekklesia (vgl. Voegelin 1996, S. 35) sowie der Epilog zu den politischen Religionen, der „die innerweltliche Religiosität, die das Kollektivum, sei es die Menschheit, das Volk, die Klasse, die Rasse oder den Staat, als Realissimum erhebt“, unmissverständlich als „Abfall von Gott“ tituliert (ebd., S. 64).
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Siehe Taubes (2003), wo anhand der politischen Theologie des Paulus das Problem behandelt wird, dass eine eschatologische Gemeinschaft immer auch eine politische Gemeinschaft ist, die sich in verschiedenen geschichtlichen Strukturen niederschlägt.
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Siehe Taubes (1987).
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Siehe Taubes (1984). Taubes’ diesbezüglich verwendeter Begriff der Gnosis unterschied sich wiederum erheblich von Voegelins in der New Science of Politics (1952/2004) aufgebrachten Lesart des Gnostizismus als destruktive, zur Differenzierung unfähige Ideologie der Moderne, die bei ihm terminologisch an die Stelle der politischen Religionen getreten war. Dazu Opitz (2004, S. 249 ff.).
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Zur davon betroffenen intendierten Verteidigung des im 4. Jahrhundert n. Chr. zur römischen Staatsreligion avancierten Christentums gegen heidnische Verdikte siehe vor allem Vom Gottesstaat Bücher I–X (Augustinus 2007, S. 3-531).
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Hidalgo, O., Zapf, H., Hildmann, P.W. (2017). Das Verhältnis von Religion und Politik in Geschichte und Gegenwart oder: Christentum und Islam als ‚politische Religionen‘. In: Hidalgo, O., Zapf, H., Hildmann, P. (eds) Christentum und Islam als politische Religionen. Politik und Religion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13963-6_1
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