Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag untersucht die Filmphilologie als historisches Phänomen und arbeitet die Besonderheiten der Filmphilologie als einer Methode der Beschreibung und Analyse von Filmen heraus. Die Filmphilologie zielt darauf, über die Mikrobetrachtung des Films und die protokollarische Beschreibung aller Einstellungen und der als bedeutungsrelevant eingestuften Phänomene die sprachliche Ausdrucks- und Formulierungsfähigkeit der Forschenden zu schulen, um audiovisuelle Eindrücke zu kommunizieren. Sie ist demnach nicht mit der Filmanalyse gleichzusetzen, sondern unterscheidet sich durch ihre deskriptiven Verfahren und den Versuch, in erster Linie Beschreibungsmodelle zu entwickeln. Als Methodik findet die Filmphilologie u. a. in Theorie und Praxis einer auf wissenschaftliche Kriterien gestützten Restaurierung und Rekonstruktion von Filmen konkrete Anwendung. Sie brachte das Konzept Überlieferung in die Filmwissenschaft ein und leistete einen Beitrag zur Herausbildung einer auf wissenschaftlichen Prinzipien fundierten Theorie der kritischen Filmedition bzw. multimedialen Edition.
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Notes
- 1.
Vgl. das Lehrprogramm Michele Canosas an der Universität Bologna: „Filología del cinema“, Anno Academico 2018/2019. https://www.unibo.it/it/didattica/insegnamenti/insegnamento/2018/348810. Zugegriffen am 28.01.2019.
- 2.
Siehe z. B. Helmut H. Diederichs. 1985. Der Student von Prag. Einführung und Protokoll. Original-Exposé Hanns Heinz Ewers. Fotos aus der Kopie Gerhard Ullmann. Stuttgart: Verlagsgemeinschaft Robert Fischer, Rainer Kress, Uwe Wiedleroither.
- 3.
Enno Patalas: „(…) ich hab mich ja nie als Archivar oder Restaurator verstanden, sondern als Programmierer, ich wollte die Filme zeigen. Ich hab immer darauf hin gearbeitet, für uns eine Kopie zu kriegen, die man zeigen konnte, die für den Zweck in Ordnung war.“ Unveröffentlichtes Protokoll des Gesprächs Anna Bohn mit Enno Patalas am 9. Dezember 2006 in München.
- 4.
Enno Patalas‘ Mitarbeiter Klaus Volkmer und Fritz Göttler hatten beide bei Klaus Kanzog studiert, bevor sie ihre Tätigkeit im Filmmuseum München begannen.
- 5.
Die Verf. hat das Projekt der Edition DVD Studienfassung Metropolis koordiniert und wissenschaftlich verantwortet.
- 6.
Die Denomination des Faches Filmphilologie wurde an der LMU München allerdings wieder aufgegeben. Aktuell hat der Kanzog-Schüler Oliver Jahraus einen „Lehrstuhl für neuere deutsche Literatur und Medien“ am Institut für deutsche Philologie der LMU München inne. Dort wurde ein Masterstudiengang Film- und Medienkultur-Forschung eingerichtet.
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