Zusammenfassung
Lea Kollewe und Wolfgang Seiter stellen in ihrem Beitrag ‚(Bildungs-)Beratung und Zeitressourcen in der Weiterbildung‘ eine empirische Studie vor, welche in einer Region Hessens durchgeführt wurde. In den Hessencampusverbünden stellt Bildungsberatung eine zentrale Kernaufgabe dar, die Menschen Orientierung und Unterstützung in Fragen zu Bildung, Beruf und Beschäftigung geben soll. Die quantitative Studie untersucht das breite Feld der Anbieter von (Weiter-)Bildungsangeboten wie z. B. Berufliche Schulen, Berufsakademien, Kammern/Innungen/Verbände, Agentur für Arbeit bzw. Argen, Personaldienstleister sowie Einrichtungen der berufsbezogenen/betrieblichen Bildung und der allgemeinen Weiterbildung. Die Studie zielt darauf ab, den Stellenwert von Bildungsberatung im Angebotsspektrum der Träger genauer zu erschließen und kann zeigen, dass Bildungsberatung – trotz ihrer starken programmatischen Konjunktur – durchaus als gering und prekär institutionalisiert anzusehen ist. So zeigt sich z. B. die Randständigkeit von Bildungsberatung im Spektrum der Angebote vor allem auch an der Praxis der Zeitverwendung, der materiellen Ausstattung, dem geringen Grad der Dokumentation durchgeführter Beratungen sowie einer geringen Methodisierung der Beratung selbst. Diese Praxis wird seitens der Autor*innen daher interpretiert als intelligente organisationale Strategie der Sondierung innovativer Angebotsoptionen im Lichte ggf. erschließbarer Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten.
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Notes
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Obwohl die Studie bereits vor ca. zehn Jahren abgeschlossen wurde, ist den beiden Autoren keine weitere Untersuchung bekannt, die das Thema Zeitressourcen in dieser Form erneut aufgegriffen hätte. Von daher dürften die Befunde auch aktuell von Interesse sein, zumal sich die Rahmenbedingungen für Bildungsberatung in den Einrichtungen nicht deutlich verändert haben.
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So etwa Berufliche Schulen, Berufsakademien, Kammern/Innungen/Verbände, Agentur für Arbeit bzw. Argen, Personaldienstleister sowie Einrichtungen der berufsbezogenen/betrieblichen Bildung und der allgemeinen Weiterbildung.
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Der Fragebogen umfasste drei Blöcke, die 1. Fragen zu den institutionellen Rahmendaten, 2. zum Stellenwert und zur institutionellen Verortung sowie zur personellen Ausstattung von Beratung und 3. zum Beratungshandeln beinhaltete.
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Für die Erstellung des Fragebogens wurden drei explorative leitfadengestützte Experteninterviews mit relevanten VertreterInnen ausgewählter Einrichtungen geführt, um auf diese Weise erste Hinweise auf wichtige Themendimensionen zu erhalten. Darüber hinaus wurden in der Diskussion mit den Auftraggebern weitere interessierende Inhalte für die Untersuchung herausgearbeitet, die dann ebenfalls in den Fragebogen aufgenommen wurden. Ergebnis war ein strukturierter Fragebogen, der sowohl Fragen mit standardisierten als auch mit offenen Antworten aufwies. Der endgültige Fragebogen wurde den zu befragenden Beratenden online zur Verfügung gestellt.
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Die Angabe der Prozente erfolgt in den weiteren Ausführungen auf der Basis der gültigen Antworten.
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Auf die Operationalisierung des Begriffs „Bildungsberatung“ wurde in der Erhebung verzichtet, um dies den befragten Einrichtungsleitungen und Beratenden zu überlassen. In der Folge können den Angaben und daraus resultierend den empirischen Ergebnissen unterschiedliche Begriffsverständnisse zugrunde liegen.
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Dieser Befund korreliert mit der Vielzahl von Funktionen, die Beratende als Haupt- oder Nebenfunktion in ihren Einrichtungen ausüben, so u. a. als GeschäftsführerInnen, DozentInnen, Bildungsbegleitende, Hauptamtlich pädagogische MitarbeiterInnen, Projektmitarbeitende, Lehrkräfte, LehrgangsleiterInnen, NetzwerkmanagerInnen, BetriebsberaterInnen, MeisterInnen oder Qualifizierungsbeauftragte.
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Die Befunde sind aus einem relativ kleinen Sample generiert. Zudem war nicht ersichtlich, durch welche institutionellen Streuaktivitäten und Selektionsmechanismen die beteiligten Personengruppen ausgewählt bzw. zur Teilnahme motiviert wurden. Außerdem wurde die Operationalisierung des Begriffs ‚Bildungsberatung‘ den beteiligten Einrichtungen und Beratenden selbst überlassen. Insofern müssen Aussagekraft und Geltung der Befunde vorsichtig interpretiert und durch weitere Untersuchungen differenziert werden.
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Kollewe, L., Seitter, W. (2022). (Bildungs-)Beratung und Zeitressourcen in der Weiterbildung. In: Elven, J., Weber, S.M. (eds) Beratung in symbolischen Ordnungen. Organisation und Pädagogik, vol 21. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13090-9_5
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