Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird herausgestellt, dass die derzeitige Situation und die viel diskutierten Fehlsteuerungen im Krankenhauswesen immer auch als Folgewirkung der systemischen Eigendynamik einer Politik begriffen werden können. Diese ist geneigt, sich auf eine dezentrale Kontextsteuerung zurückzuziehen, um nicht für die vielfältigen Probleme des Krankenhauses verantwortlich gemacht werden zu können. Diskutiert wird zunächst die Rolle von Organisationen im Gesundheitssektor sowie ihr Verhältnis zu anderen Funktionssystemen der Gesellschaft, bevor in einem zweiten Schritt die derzeitigen Steuerungsprobleme rekonstruiert werden, insbesondere im Zusammenhang mit Reaktionen auf die Einführung der Fallpauschalen sowie derzeitigen Qualitätssicherungsinitiativen. Gefragt wird, ob unter den bestehenden Bedingungen eine Gesundheitspolitik denkbar ist, die bereit ist, politische Verantwortung für die nicht intendierten Folgewirkungen ihrer administrativen Entscheidungen zu übernehmen.
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