Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert die sinnkonstitutive Selektivität zeitdiagnostischer Gesellschaftsbegriffe am Beispiel der Metapher der postheroischen Gesellschaft im Anschluss an Herfried Münkler und andere. Dabei werden die Implikationen aufgezeigt, die mit der Verwendung des Postheroismus-Begriffs im Allgemeinen sowie mit Blick auf seinen Gebrauch in Bezug auf das Feld von Militär, Gewalt und Krieg im Besonderen verbunden sind. Ziel ist es herauszuarbeiten, dass die seit einigen Jahren wiederholt beklagte ‚Entfremdung` zwischen Militär und ziviler Umwelt damit vorrangig auf Seiten Letzterer verortet wird. Die spezifischen Bedingungen des durch die Auslandseinsätze bedingten Wandels der Bundeswehr ebenso wie die Frage nach deren politischer Legitimität werden indes ausgeblendet. Im Rekurs auf alternative Fassungen des Postheroischen wird demgegenüber ein Vorschlag für eine erweiterte postheroische Perspektive auf die zivil-militärischen Beziehungen skizziert.
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Notes
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Der vorliegende Beitrag geht auf einen Vortrag zurück, den ich im Rahmen der Tagung „Die Metaphorik soziologischer Zeitdiagnosen“ des Arbeitskreises Soziale Metaphorik in der Sektion Wissenssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Februar 2014 an der Universität Rostock gehalten habe. Eine ausführlichere Fassung wurde unter dem Titel „Militär und Krieg in der postheroischen Gesellschaft: Implikationen einer Krisendiagnose zivil-militärischer Beziehungen“ in Leonhard, Nina/Franke, Jürgen (Hrsg.) (2015): Militär und Gewalt: sozialwissenschaftliche und ethische Perspektiven. Berlin: Duncker & Humblot, S. 137–161 veröffentlicht.
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Zu den verschiedenen Bedeutungskomponenten des Begriffs des Opfers (sich opfern bzw. Opfer werden) vgl. Münkler und Fischer (2000).
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Die These einer „postheorischen Kriegsführung“ („postheroic warfare“) wurde Mitte der 1990er-Jahre in prominenter Weise von Luttwak (1995) eingeführt. In Bezug auf eine besondere Opferscheu („casualty shyness“ bzw. „casualty aversion“) westlicher Demokratien siehe Smith (2005) sowie den Überblick bei Kümmel und Leonhard (2004, S. 134 ff.).
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Für eine kritische Auseinandersetzung mit Münklers Thesen zum Wandel des Krieges siehe die Beiträge in der Zeitschrift Erwägen Wissen Ethik (2008), 19 (1).
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Zum Konzept der Zivilgesellschaft und seiner Bedeutung unter globalen Bedingungen vgl. Spreen (2012).
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Exemplarisch hierfür ist das vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler (2005) geprägte Wort vom „freundlichen Desinteresse“ der deutschen Bevölkerung gegenüber der Bundeswehr.
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Als Beispiel hierfür sei auf die Forderung des vormaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr, General a. D. Klaus Naumann (2013, S. 10), hingewiesen: „Es genügt nicht, (…) dass die Gesellschaft die Leistungen der Bundeswehr anerkennt, nein, sie muss mehrheitlich bejahen, was die Truppe tut. Es wäre ein Zeichen demokratischer Reife, wenn man sich hierzulande zu der Haltung der großen angelsächsischen Demokratien durchringen könnte: Es wird erbittert um die Entscheidung über den Einsatz gerungen, fällt sie aber, dann muss die überwältigende Mehrheit unseres Volkes hinter den Soldaten und ihren Familien stehen [Hervorhebungen N.L.].“
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Leonhard, N. (2016). Die postheroische Gesellschaft und ihr Militär. In: Junge, M. (eds) Metaphern soziologischer Zeitdiagnosen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-07080-9_7
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