Zusammenfassung
Marken und Medien haben in den letzten Jahren zunehmend mehr Verantwortungsübernahme demonstriert. Dabei haben grade die großen Marken gezeigt, dass sie nicht mehr gegen politisch gewünschte Szenarien opponieren, sondern in der Lage sind, die vorgegebenen Ziele in ihr Kerngeschäft und ihre Prozesse zu integrieren. Allerdings verändern sie dabei den Kern dessen, was moralisch bedeutet: sie nutzen globale Indikatoren wie Transparenz oder Nachhaltigkeit zur Differenzierung im Markt. Dieser Prozess war und ist auch politisch gewollt. Allerdings stellt die „Übernahme“ des Geschäftsfeldes Nachhaltigkeit durch Big Brands auch ein Problem dar; denn die Integration des Nachhaltigkeits‐Paradigmas limitiert die Möglichkeit, Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung weiter zu denken und zu interpretieren, als es momentan durch die großen Markenartikler vorgelebt wird.
Medien spielen hierbei die zentrale Rolle einer gesellschaftlichen Schaltzentrale; ihnen kommt kulturelle Definitionsmacht zu, sie entscheiden darüber, was wahrgenommen wird. Ihre Eigenverantwortung ist besonders dort gefragt, wo große Datenmengen akkumuliert werden und klassische Grundrechte wie Freiheit und Privatheit gefährdet sind.
Zusammenfassung
Marken und Medien haben in den letzten Jahren zunehmend mehr Verantwortungsübernahme demonstriert. Dabei haben grade die großen Marken gezeigt, dass sie nicht mehr gegen politisch gewünschte Szenarien opponieren, sondern in der Lage sind, die vorgegebenen Ziele in ihr Kerngeschäft und ihre Prozesse zu integrieren. Allerdings verändern sie dabei den Kern dessen, was moralisch bedeutet: sie nutzen globale Indikatoren wie Transparenz oder Nachhaltigkeit zur Differenzierung im Markt. Dieser Prozess war und ist auch politisch gewollt. Allerdings stellt die „Übernahme“ des Geschäftsfeldes Nachhaltigkeit durch Big Brands auch ein Problem dar; denn die Integration des Nachhaltigkeits‐Paradigmas limitiert die Möglichkeit, Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung weiter zu denken und zu interpretieren, als es momentan durch die großen Markenartikler vorgelebt wird.
Medien spielen hierbei die zentrale Rolle einer gesellschaftlichen Schaltzentrale; ihnen kommt kulturelle Definitionsmacht zu, sie entscheiden darüber, was wahrgenommen wird. Ihre Eigenverantwortung ist besonders dort gefragt, wo große Datenmengen akkumuliert werden und klassische Grundrechte wie Freiheit und Privatheit gefährdet sind.
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Notes
- 1.
Dazu bleibt hier leider nicht der Raum. Aber so wie bei Tennyson der leere Thron – semiotisch – die Macht des Königs repräsentiert, so repräsentiert die Marke das mit ihr verbundene Anliegen oder Leistungsversprechen.
- 2.
Seit Max Weber wird in Bezug auf Medien meist die von Weber (1919; 1999) ursprünglich für die Beschreibung von Politikern entwickelte Differenzierung in Gesinnung‐ vs. Verantwortungsethik verwendet. Für den deutschen Sprachraum besonders relevant wurden dazu die Journalistenbefragungen von Kepplinger und Knisch (2000), der sehr differenziert herausarbeitete, in welchen Situationen und Konstellationen sich Journalisten mal gesinnungs‐ und mal eher verantwortungsethisch verhalten.
- 3.
Hierunter fallen z. B. alle öffentlichen Proteste und Anti‐Corporate‐Campaigns (Baringhorst et al. 2007).
- 4.
Das behaupten selbst die „neuen Realisten“ um Gabriel (2013) nicht.
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Der Autor
Der Autor
Prof. Dr. Lars Rademacher ist Professor für Public Relations am Fachbereich Media der Hochschule Darmstadt; zuvor leitete er den Studiengang Medienmanagement an der Hochschule Macromedia in München und forscht u. a. zu Integrierter Kommunikation, Compliance‐Kommunikation, Corporate Social Responsibility und Strategischer Kommunikation. Vor seiner akademischen Laufbahn war Rademacher sechs Jahre Berater, anschließend leitete er die Kommunikation des Science Centers „phaeno“ in Wolfsburg und war Pressesprecher in der Konzernkommunikation der BASF.
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Rademacher, L. (2016). Die (Re-)Ethisierung von Marken und Medien. In: Regier, S., Schunk, H., Könecke, T. (eds) Marken und Medien. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06934-6_3
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Publisher Name: Springer Gabler, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-06933-9
Online ISBN: 978-3-658-06934-6
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