Zusammenfassung
In Deutschland zählen Proteste zum Standartrepertoire der Interessensartikulation. Die wachsende Zahl von Protestereignissen und eine Stabilisierung auf hohem Niveau zeigen eine Ausweitung der Nutzung von Protesten. Unter Berufung auf politische Bürger- und Menschenrechte vereinigen sich Aktivisten zu Protestbewegungen, die im vorliegenden Beitrag als ein Resultat gesellschaftlicher Akzeptanzkonflikte konzeptualisiert werden. Nach einem historischen Überblick über Protestereignisse der vergangenen Jahrzehnte und einer Typologisierung von Protestereignissen und Protestlern wird basierend auf Bourdieus Habitus-Struktur-Praxis Modell die These diskutiert, dass die Artikulationsform des Protestes exkludierend auf Bürger mit geringem sozioökonomischen Status wirkt.
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Ein kursorischer Blick in die Media-Analyse bestätigt, dass unterschiedliche Medien in unterschiedlichen sozialen Gruppen eine unterschiedliche Reichweite haben. Auch Hove et al. (2007) belegen auf Basis einer Korrespondenzanalyse einen Zusammenhang zwischen der Nutzung verschiedener Medien und der Position im sozialen Raum (vgl. Scherer 2013, S. 107).
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Wie Marx betrachtet Bourdieu den Klassen- und Kapitalbegriff im Zusammenhang. Der soziale Raum wird nach dem Soziologen durch die verschiedenen Sorten von Kapital konstruiert, die in der Gesellschaft ungleich distribuiert sind und einen jeweiligen klassenspezifischen Habitus prägen. In diesem Zusammenhang übt der Soziologe aus marxistischer Perspektive Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft (vgl. Horvath und Bernhard 2009, S. 1).
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Siegel, K., Thiele, F. (2015). Akzeptanzkonflikte auf der Straße. In: Bentele, G., Bohse, R., Hitschfeld, U., Krebber, F. (eds) Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06167-8_5
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