Zusammenfassung
Der Beitrag klärt zunächst die zentralen Begrifflichkeiten ‚Region‘ und damit verbunden ‚Regionalismus‘. Darauf aufbauend werden verschiedene Konzeptualisierungen der Wellen der Regionalisierung betrachtet, um sich dem „Neuen Regionalismus“ zu nähern. Dies zeigt, dass der Neue Regionalismus kein zeithistorisches Phänomen beschreibt, sondern eine Forschungsagenda darstellt, die Prozesse von Regionalisierung außerhalb Europas beziehungsweise jenseits der Europäischen Union untersucht und dabei oftmals das Zusammenspiel von Globalisierung und Regionalisierung betrachtet. Dabei gibt es zwei Forschungsstränge mit jeweils unterschiedlichem Zugang und unterschiedlicher Schwerpunktsetzung: den rationalistischen Neuen Regionalismus und den kritischen Neuen Regionalismus.
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Notes
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Zum Beispiel gibt es Dissens über die Fragen: ‚Wo genau endet Europa?‘ oder ‚Welche Länder gehören dazu?‘ beziehungsweise ‚Welche liegen schon in Asien?‘ und ‚Ist die Türkei noch in Europa?‘ und ‚Wozu gehören die Ukraine oder Georgien?‘
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Laut dieser Regel (zu deutsch: ‚Meistbegünstigtenprinzip‘) müssen Handelsvorteile, die einem Staat eingeräumt werden, auch allen anderen Staaten offen stehen.
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Beispielsweise wurden in den 1990er Jahren der Mercosur oder auch die die Shanghai Five-Gruppe (der Vorläufer der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit) gegründet.
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Der neue Regionalismus (mit kleinem ‚n‘) ist Gegenstand der Betrachtung des Ansatzes des Neuen Regionalismus (mit großem ‚N‘).
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Für weitere Beispiele vgl. Bowles 1997, S. 226.
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So stellt ein Autor fest: „(T)he most important characteristics of the new regionalism are its truly worldwide reach, extending to more regions, with greater external linkages“ (Mittelmann 1996, S. 192).
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Aufgrund dieser Ausrichtung gab es Anfang der 2000er Jahre mehrere wissenschaftliche Fachdebatten, die den Dialog zwischen EU-Studien und dem Neuen Regionalismus herbeiführten und die Frage nach der wechselseitigen Fruchtbarmachung der Ansätze nachgingen (Warleigh und Rosamond 2010; Söderbaum und Sbragia 2010; Keating und Loughlin 1997; Telò 2001). Dies hat nicht zuletzt dazu geführt, dass sich nunmehr die Vergleichende Regionalismusforschung als Feld der Politikwissenschaft etabliert hat. Näheres hierzu in Abschn. 4 dieses Beitrags sowie im Beitrag von Lenz und Striebinger in diesem Band.
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Es handelt sich bei der Globalisierung keineswegs um ein neues Phänomen. Vielmehr haben sich über die Jahrhunderte hinweg aus grenzüberschreitenden Interaktionen vielfältige und komplexe wirtschaftliche, soziale und politische Interdependenzen entwickelt (Keohane 1984, 1989; Baylis et al. 2011). Allerdings hat Globalisierung im 21. Jahrhundert eine deutliche höhere Intensität erlangt, da sich während er letzten hundert Jahre aufgrund von Erfindungen und des einhergehenden Wandels von Transport- und Kommunikationstechnologien die grenzüberschreitenden Interaktionen stark erhöht haben und so zu einer stärkeren Interdependenz geführt haben (Krasner 1995, 1999; Keohane 2001).
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Eine abweichende Meinung vertreten Gamble und Payne 1996, die argumentieren, dass die NAFTA und die FTAA-Bestrebungen der USA zum Ausdruck bringen, den wirtschaftlichen Neoliberalismus in Lateinamerika zu stärken.
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Beispiele sind etwa der supranationale Institutionalismus (Stone Sweet und Sandholtz 1998; Stone Sweet et al. 2001), der liberale Intergouvernementalismus (Moravcsik 1993, 1998), theoretische Ansätze die sich mit Wechselwirkungen zwischen der staatlichen und der europäischen Ebene des Mehrebenensystems (‚Europäisierung‘, vgl. Börzel und Panke 2010) oder mit der Arbeitsweise europäischer Institutionen wie dem der Europäischen Kommission (Nugent 2001; Hooghe 2002), dem Parlament (Westlake 1994; Shackleton 2002) oder dem Gerichtshof (Panke 2010; Panke 2007) auseinandersetzen.
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Dieses Argument mag noch für die EU-16 gegolten haben (obwohl auch damals bereits wirtschaftliche Unterschiede zwischen den nordischen beziehungsweise zentraleuropäischen und den südlichen Mitgliedsländern bestanden), muss aber in der heutigen EU-28 kritisch hinterfragt werden. Einige der neuen Mitgliedsstaaten sind wirtschaftlich deutlich schwächer als der Durchschnitt der ‚alten‘ EU-Mitglieder und haben teils weniger stark konsolidierte Demokratien.
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Im Englischen wird dieses Forschungsfeld als comparative regionalism bezeichnet.
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Panke, D. (2017). Der Neue Regionalismus. In: Koschut, S. (eds) Regionen und Regionalismus in den Internationalen Beziehungen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05434-2_2
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