Zusammenfassung
Gesellschaftliche Wandlungsprozesse stehen in Wechselwirkung mit Veränderungen im Kontext von Familie. Dies bezieht sich etwa auf vorherrschende Familienbilder, die Varianten dominanter Familienentwürfe oder auf Bedingungen für das Aufwachsen von Kindern bzw. Familien, die auch als Bestandteil von sozialem Wandel gefasst werden können. Insofern bleiben Veränderungen in diesem Kontext nicht ohne Auswirkung auf die Gestaltung familienbezogener, sozialpädagogischer Angebote, seien sie familienunterstützend, -ergänzend oder -ersetzend. Am Handlungsfeld der Eltern- und Familienbildung werden diese Beziehungen im Folgenden genauer beleuchtet. Vor diesem Hintergrund erfolgt zunächst ein Blick auf die Zusammenhänge von sozialem Wandel, Familie und familienbezogenen Angeboten (1). Anschließend werden verschiedene Aspekte sozialer Ungleichheiten in der Zugänglichkeit von Angeboten der Familien- und Elternbildung in diesem Kontext diskutiert (2). Im folgenden Abschnitt werden die unterschiedlichen Facetten von Zugänglichkeit am Beispiel von offenen Angebotsformen im Bereich der Eltern- und Familienbildung auf der Basis empirischer Daten genauer beleuchtet und auf ihre Möglichkeiten des Abbaus sozialer Ungleichheit hin befragt (3). Und schließlich sind hieraus Konsequenzen für eine Familien- und Elternbildung zu formulieren, die ihrer Aufgabe der Unterstützung eines gelingenden Familienlebens im Kontext sozialer Ungleichheiten und sozialen Wandels gerecht werden kann (4).
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Notes
- 1.
Im Hinblick auf die breite Kostenspanne lässt sich Eltern- und Familienbildung „zwischen staatlichem Auftrag und privatem Markt“ (Hartung 2012, S. 972) verorten. Die Angebote sind zwar meist durch öffentliche Gelder unterstützt, allerdings werden die entstehenden Unkosten zusätzlich durch andere Einnahmequellen, auch durch Teilnahmebeiträge, gedeckt. So entstehen z. B. für das „Gordon’s Family Effectiveness Training“ oder „Triple P“ Gebühren von bis zu mehreren hundert Euro.
- 2.
Zu milieuspezifischen Perspektiven von Familien mit Migrationshintergrund vgl. Merkle (2011).
- 3.
Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf eine Bestandsaufnahme von ‚offenen Treffs‘ im Kontext familienbezogener Bildungsangebote in Baden-Württemberg. Das Ziel einer telefonischen Befragung bestand in der Erfassung der verschiedenen offenen Treffs sowie ihrer Strukturmerkmale. Es wurden 389 offene Treffs bei 195 Bildungsanbietern erhoben (vgl. Treptow et al. 2011).
- 4.
Unter den untersuchten Mütterzentren (auch Familien- oder Eltern-Kind-Zentren) befanden sich ausschließlich Einrichtungen, die dem Mütterforum e. V. als Dachverband und damit dem Bereich der Familienselbsthilfe zuzuordnen sind.
- 5.
Gemeint sind Anbieter, die sich schwerpunktmäßig in anderen Bereichen engagieren – hier zumeist im Kontext der Erziehungshilfe und des Kinderschutzes – und Maßnahmen der Eltern- und Familienbildung in diesen Programmrahmen integrieren.
- 6.
Die im Folgenden dargestellten Forschungsergebnisse beziehen sich auf eine empirische Untersuchung zur Gestaltung offener Treffs in der Familien- und Elternbildung im Rahmen der Erweiterung des Evaluationsauftrags zum Landesprogramm STÄRKE. Hierbei wurden in 6o offenen Treffs mit unterschiedlicher institutioneller Anbindung auf der Basis von kriterienbezogenen Prozessbeobachtungen und standardisierten Befragungen Struktur- und Prozessmerkmale der Treffs sowie sozio-demographische Daten der Teilnehmer/innen erfasst (vgl. Treptow et al. 2012). Die einzelnen Elemente der Gestaltung wurden auf einer 7-er Skala mit den Werten 1 = offen bis 7 = nicht offen eingeschätzt.
- 7.
Dies stellt möglicherweise einen Grund dar, warum einige Elterngruppen eher teilnehmen, wenn an bestimmten Stellen weniger Offenheit gegeben ist (vgl. Treptow et al. 2012).
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Landhäußer, S. (2014). Familien- und Elternbildung im Kontext sozialen Wandels und sozialer Ungleichheiten. In: Faas, S., Zipperle, M. (eds) Sozialer Wandel. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04166-3_16
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