Zusammenfassung
Ausgehend vom Begriff der Situation diskutiert der Aufsatz zunächst die Frage, wann ein Gespräch mit Professionellen als ‚Beratung‘ gelten kann. In einem zweiten Schritt wird dargelegt, inwieweit diese Kriterien auf Tür-und-Angel-Situationen zutreffen und worin die Besonderheiten liegen. Dazu wird einmal auf handlungstheoretische Modelle Bezug genommen und zum zweiten auf konversationsanalytische Untersuchungen zu Beratungsprozessen.
Der Aufsatz zeigt, dass die institutionellen Überformungen von Beratungsprozessen auch unter Bedingungen der Tür-und Angel-Situation gegeben sind; typische Merkmale der Asymmetrie im Verhältnis von Ratsuchenden und Ratgebenden, z. B. hinsichtlich Initiativkompetenz, Situationskontrolle und Machtförmigkeit jedoch deutliche Relativierungen erfahren können.
Situationen entstehen, wenn gegenseitig beobachtet wird, sie vergehen, wenn die zweitletzte Person den Schauplatz verläßt. (Goffman 1971, S. 29)
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Notes
- 1.
Zur Nutzung systemischer Methoden in Tür-und-Angel-Situationen siehe Kaczor in diesem Band.
- 2.
Situationsthemen können sein: Verrichtung einer Arbeit, die Lösung eines Problems, die Bewältigung einer Aufgabe oder auch die offene Geselligkeit, das Gespräch (vgl. Dreitzel 1968, S. 152 ff.).
- 3.
Ähnlich auch Dreitzel 1968, S. 154.
- 4.
- 5.
Vgl. für eine differenzierten Überblick: Possehl 2009, S. 28 ff.
- 6.
Dies gibt uns bereits einen Hinweis auf die Frage, was eine Beratung außerhalb konventioneller Settings zu Beratung macht. Eine explizite Verbalisierung eines Geschehens als Beratung ist nicht in jedem Fall möglich oder notwendig, um eine Situation als Beratungssituation einvernehmlich zu definieren.
- 7.
Zum Näheren vgl. Geiser 2000.
- 8.
Diese Definitionen beziehen sich auf formalisierte Formen der Beratung.
- 9.
- 10.
Beispiel: „Können Sie mir mal genau sagen, warum ich jetzt zu Ihnen kommen muss?“ „Wenn wir jetzt Ihren Bewährungshelfer fragen würden, was denken Sie, würde der sagen?“ (Je nach theoretischer Ausrichtung der BeraterInnen lauten solche Beispiele natürlich verschieden.)
- 11.
- 12.
RG = Ratgebende, RS = Ratsuchende.
- 13.
Vgl. hierzu auch die Beispiele im Aufsatz von Hahne/Molter.
- 14.
Diese Beschreibung mag angesichts vorliegender, methodisch differenziert ausgearbeiteter Beratungskonzepte unterkomplex wirken, sie zeigt aber die grundlegenden Schritte, die die „Beratung“ genannte helfende Kommunikation konstituieren.
- 15.
Lösungs„vorschlag“ sollte nicht als Ratschlag geben missverstanden werden, sondern als eine sukzessive „Realisierung der Lösungsentwicklung“ (Kallmeyer 2000, S. 238).
- 16.
Possehl (2009, S. 50 ff.) nennt noch ein drittes Verfahren: „Zielzerlegung und Anforderungsanalyse“. das dann bedeutsam wird, wenn die Unklarheit von Zielen der dominante Faktor in der Handlungssituation ist. Im Hinblick auf die Besonderheiten der Tür-und-Angel-Situationen scheint dieser Heurismus weniger relevant zu sein und wird daher nicht näher kommentiert.
- 17.
Als Beispiel hierfür wird berichtet, wie in einer „Nichtsesshaften-Beratung“ anhand aktenmäßig erfasster Daten der Status der Hilfebedürftigkeit konstruiert wird.
- 18.
Reitemeier (1994, S. 240) nennt als Beispiel schulische Verhaltenserwartungen in der Beratung einer Mutter mit dem Schulpsychologen.
- 19.
Zu den Handlungsorientierungen der Systemischen Beratung mit dem Konzept der Lösungsneutralität (vgl. z. B. Schwing und Fryszer 2006, S. 85 ff.) und dem hypothetischen Grundmuster der Kommunikation steht dieser letzte Punkt allerdings in einem deutlichen Spannungsverhältnis.
- 20.
Im Detail siehe Lohse 2003, S. 55 ff.
- 21.
In diesen „Erschwernissen“ bzw. „Unmöglichkeiten“ liegen gerade die Vorteile einer aushandlungsorientierten, an lebensweltlichen Deutungsmustern anknüpfenden Beratung, wie die verschiedenen Beiträge in diesem Band zeigen.
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Hollstein-Brinkmann, H. (2016). Herstellung und Definition der Tür-und-Angel-Situation – oder: Wann ist ein Gespräch Beratung?. In: Hollstein-Brinkmann, H., Knab, M. (eds) Beratung zwischen Tür und Angel. Edition Professions- und Professionalisierungsforschung, vol 5. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03420-7_2
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