Zusammenfassung
Informelles Regieren als analytische Perspektive stützt sich im Kern auf die Erkenntnis, dass sich Regieren nicht im Vollzug formaler, das heißt rechtlich fixierter, Prozesse in ebenso formalen Institutionen erschöpft (Grunden 2011).
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Notes
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Das Buch erfuhr eine unveränderte Neuauflage unter dem gedrehten Titel Die Zwänge kollektiven Handelns. Über Macht und Organisation (1993).
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Ein treffendes Bild für diesen Zusammenhang liefert Wittgenstein, der einen ähnlichen Mechanismus bei der Konstruktion von Weltbildern in der Sprache ausmacht: „Man könnte sich vorstellen, dass gewisse Sätze von der Form der Erfahrungssätze erstarrt wären und als Leitung für die nicht erstarrten, flüssigen Erfahrungssätze funktionierten; und dass sich dieses Verhältnis mit der Zeit änderte, indem flüssige Sätze erstarrten und feste flüssig würden" (Wittgenstein 1999: 140).
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Eine solche Begriffsdefinition von Strategie ähnelt in vielen Punkten dem praxistheoretischen Praktiken-Konzept, an dem sich etwa Bueger/Gadinger in diesem Band orientieren.
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Die Zweiteilung der Regeln entspricht in Teilen der Unterscheidung von policy und polity als Dimensionen des Politikbegriffs (Korte/Fröhlich 2009: 13 f.).
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Anders als bei den von der Industriesoziologie thematisierten Betrieben sind Mitglieder nicht über einen Tauschvertrag gebunden oder von einem Einkommen abhängig – im Gegenteil: Parteimitglieder zahlen einen Beitrag für ihre Mitgliedschaft.
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Austritte einfacher, zum Teil passiver Mitglieder scheinen auf den ersten Blick verschmerzbar, sie wirken aber indirekt auf die Spiele der Berufspolitiker zurück: Ein Mitgliederschwund hat Konsequenzen für Finanzierung, Wahlchancen und öffentliche Wahrnehmung. Entsprechend reagierten die parteiinternen Interessenkoalitionen in Parteien, die seit längerem einem Trend sinkender Mitgliederzahlen unterliegen, mit einer Modifikation ihrer Strategien. So lehnt man sich beispielsweise mehr an den Staat an und lagert verstärkt Aufgaben an externe Agenturen, Umfrageinstitute oder andere Dienstleister aus (Kartellbildung; Katz/Mair 1995, oder professionalisierte Wählerpartei; Panebianco 1988, Beyme 2000).
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Eine Strategie, die Akteure dabei zur Integration der Zieldissonanzen verfolgen, besteht beispielsweise im Einsatz unscharfer Formulierungen, die so für unterschiedliche Gruppen in der Partei gleichermaßen akzeptabel sind (Niclauß 2002: 226).
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Ebenfalls häufig vorzufinden ist eine Funktionsverknüpfung von politischem System und Wirtschaftsunternehmen, gesellschaftlichen Verbänden oder Institutionen (Doppelmitgliedschaft; Bosetzky 1992: 30).
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Das ist allerdings nur eine verkürzte Sichtweise, da die Parteien selbst an der Gestaltung der gesetzlichen Regeln mitwirken.
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Switek, N. (2014). Die Satzung ist nicht genug! Parteien unter dem Mikroskop der strategischen Organisationsanalyse. In: Bröchler, S., Grunden, T. (eds) Informelle Politik. Schriften der DVPW-Sektion Regierungssystem und Regieren in der Bundesrepublik Deutschland. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02380-5_11
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