Zusammenfassung
Die folgenden, systematischen Überlegungen zur Frage, was man unter Kultur verstehen kann, gehen von mehreren Prämissen aus: Sie untersuchen Kultur nicht primär als Zusammenhang abgehobener, objektivierter Gebilde, die Eigenlogik entwickelt haben – und etwa stilanalytisch zu erfassen wären –, sondern als Element und Ausdruck der sozialen Handlungswelt: einer fließenden Lebenspraxis, auf die Objektivationen immer rückbezogen bleiben; sie untersuchen Kultur und ihre Erscheinungen ferner weder dergestalt, daß sie heterogene Einzelkulturen verglichen, sondern erschließen die Merkmale, die sie interessieren, aus Variationen innerhalb der Kultursysteme selbst; noch geht es ihnen darum, Erkenntnisse über Kultur aus dem Vergleich von Phasenformen, also Entwicklungsstufen zu ziehen, aus denen Verlaufsschemata oder gar ein Ziel, eine letzte Bestimmung kultureller Bewegungen zu entnehmen wären.
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Notes
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Im Sinne zunächst Gt.org Simme1s (1911, 1918), der. Kultur« im Spannungsbereich von »Form« und »Leben«, von Prinzipien ansiedelt, die ineinander nicht aufgehen, sondern vielmehr konfligieren und einander» tragisch« werden. Begriffiich präziser ist die Position, die hier vertreten wird, bereits bei Max Weber entwickelt (1904122), an dessen Programm einer »(sozialen) Kulturwissenschaft« oder, wie er weitergehend fordert. einer »historischen Kulturcrkenntnis4I (ebd. • S. 163 ff.) die nachstehenden Ausführungen grundsätzlich anknüpfen. Indem Webers Soziologie von der Handlungswelt, vom »sozialen Handeln« ausgeht, das Itendlich(en) Ausschnitt(en) aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens« in fortgesetzter ltStellungnahme« erst »Kulturbedeutung « und. Sinn« verleiht (ebd., S. 180 f.), ist sie apressis verbis lt Wirklichkeitswissenschaft « (ebd., S. 171). Sie lehnt den Gedanken, ltKultur« sei gesetzesanalytisch-objektiv, als reine Form., als logisch selbstgeltende StUeinheit, unabhängig vom Wert- und Interessenstandort sei es unmittelbar des lt Kulturmenschen «, sei des Beobachters von außen, des Kulturwissenschaftlers, bestimmbar, methodologisch ab und stellt heraus, daß ltlculturwissenschaft1iche Erkenntnis« wie schon die kulturelle Praxis selbst »an ›subjektive‹ Voraussetzungen (immer) gebunden« (ebd. S. 182.) bleibt. Wenngleich die Sichtweise Webers, wie sich unten noch näher ergibt, in manchen Punkten zurechtzurücken, ja ltdialektisch« zu ergänzen ist (s. bes. S. 46off. und Anm. 33-38) - und Weber seinen Kulturbegriff, nicht die Sache der Kultur, in späteren Arbeiten auch selbst zurücknahm (s. E. K. Fmncis 1965) -, steclct sie der kultursoziologischen Forschung noch heute den großen Rahmen ab. - Zu Webers hier pointiertem Konzept, das Kultur als lt Wirklichkeitswissenschaft« versteht, vgl. auch Hans Freyer (1930), der es vom Gegenbild der »Logoswissenschaften «: von Systemen aller Art abhebt. die sich auf» Formen«,,. Strukturen «, schließlich »Stile«, und nur auf diese. beziehen. - Setzt man Kultur- als Wirklichkeitswissenschaft, werden an den Arbeiten »klassischer« deutschsprachiger Kulturwissenschaftl.er wie Alfred Weber (1920,1931). Brich Rothacker (1948, 1949) oder auch Eduard Spranger (1936. in: 1969), die Form und Stilmomente stark betont und als Realität für sich betrachtet haben, bei aller Aufmerksamkeit, die sie deren Rückverflechtung in das »Leben«, sc. das geschichtliche Leben, gewidmet haben, Inkonsistenzen und Schwächen deutlich. • Stile« gelten nicht schlechthin; sie setzen sich nie gesetzesmäßig durch; zur Kritik am Stilbegriff speziell der Knnstgeschichte s. auch den Beitrag von Claus Grimm, in diesem Heft.
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Der Beitrag ist schon von daher primär kultursoziologisch, nicht kulturanthropologisch ausgerichtet. Kann man es, grob gesprochen, als die Aufgabe der Kulturanthropologie bezeichnen, die Vielfalt kultureller Formen in Beziehung zu einer Einheit, sc. zur Einheit des »Menschen« zu setzen, so zielt die Kultursoziologie darauf ab, ihren Gegenstand entsprechend der Komplexität von »Gesellschaft«, sc. der Fülle der sozialen, historischen, schließlich topisch-psychischen Gegebenheiten, in die er verflochten ist, als Vielfalt selbst zu begreifen. Der Blick auf Pluralität, deren Artikulationen zugleich in »Wechselwirkung« stehen, ineinander »verflochten« sind und ineinander »übergehen«, bestimmt die Kultursoziologie in der Tat generell. Siehe den Überblick, besonders zur frühen Entwicklung, z. B. bei W. E. Mühlmann 1965: hier bes. S. 409. Daß, wie hinzuzufügen ist, die Kultursoziologie – und die Soziologie generell – mit der Kulturanthropologie freilich zugleich eng verbunden bleibt, zeigen die vielfältigen sei es wissenschaftshistorischen, sei es thematischen Überschneidungen der Disziplinen. Vgl. z. B. R. Girtler 1977
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Dies in Abgrenzung gegenüber Autoren wie Edward B. Tylor (1871), Lewis H. Morgan (1891) u.a., die eine evolutionistische Position vertreten haben, Oswald Spengler (1918-20), der - mit nur anderem Vorzeichen - eine Verfallstheorie konzipiert hat, oder Arnold l Thynbee (1949) und jüngst Hans Graeve (1977), die an Kulturen Verlaufskurven herausarbeiten, die auch zyklische Seiten haben. Nicht berücksichtigt werden schließlich lheorieansätze, die - wie das System von Karl Man - normativ engagiert sind und Kultur und ihre Erfüllung, auf die sie aus sind, in die Utopie projizieren.
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Ausführungen dazu, die hier nicht näher entwickelt werden können, s. im methodologischen Teil meiner Habilitationsschrift (Lipp 1976, S. 43-63). Anknüpfend an das Konzept des » Idealtypus « bei Max Weber (1904/22, bes. S. 185-214; 1964, S. 14 f.) – und unter Einbeziehung der Ergebnisse z. B. der Gestaltpsychologie – wird dort zu zeigen versucht, daß es nötig – und wie es möglich – ist, systematisch zuletzt auf »Realtypen« selbst zurückzugehen.
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Der Begriff, in der älteren Kultursoziologie so oder in Äquivokationen oft herangezogen, erscheint als terminus technicus besonders bei Norbert Elias (1939/1976). Über Elias hinausgehend wird im vorliegenden Beitrag unterstrichen, daß »Verflechtung« nicht nur gleichgerichtete, sondern auch abseitige, ausscherende, also am Ende: »gegenläufige« Prozeßmomente mit umfaßt. Siehe näher dazu im Text, bes. Abschnitt III. Vgl. auch Fußn. 41.
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»Sinn« ist nicht ein,. Objekt«, ein Ding, auf das man erst stößt; »sinnvoll« sind,. Relaüonen «, die bestehen und die man schon weiterführt. Bedeutungen treten in der Realität nicht erst dann zutage, wenn ein Beobachter - der Kultursoziologe als Forscher -, indem er z. B. »Idealtypen« bildet, sie sekundär» konstruiert«; sie sind, wie gegenüber einer falschen, wenn auch nicht seltenen Weber-Interpretation festzuhalten ist, im wirklichen Leben vielmehr selbst - und immer dann - schon enthalten. wenn und sofern die Momente. aus denen das Dasein sich zusammensetzt, symbolisch-praktisch aufeinander zugehen.
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Vergleiche, neben anderen, die Arbeiten Michael Landmanns (1961, 1963), der nicht zuletzt, wie es unten auch hier geschieht, am Kulturleben »Antinomien« aufzeigt. Das Pluralistische am Phänomen wird mit guten Hinweisen, die analytische Fragen zugunsten wertender Stellungnahmen allerdings verkürzen, neuerdings besonders von I. M. Greverus 1978 betont.
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S. z. B. Leopold Schmidt 1948. der die Sichtweise dieser Disziplin - sie geht hier auf Hans Naumann (1921) zurück: - gut zusammenfaßt und neu artikuliert.
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Daß Aussagen dieser Art theoretisch nicht verabsolutiert werden dürfen. liegt auf der Hand. Ist die Sachlage einmal klargestellt. wird von analytischem Interesse nicht mehr so sehr die Trennung. als vielmehr die Verbindung. die kompleu lneinanderschachte1ung der Bereiche. Mit der Betonung der Bedeutung der »Alltagswelt«. des »everyday life«, der »popular culture « begehen gerade Konzepte, die heute vorgeben, soziologisch up to date zu sein, den Fehler, opake Fronten (zum vermeintlichen Nicht-Alltag) dort zu ziehen. wo vielmehr Durchlässigkeit, Austauschprozesse, übergänge gegeben sind. Siehe K. Hammerich und M. Klein 1978. deren Sammelband die hier geäußerten Bedenken in mancher Hinsicht bestätigt; vgl. aber den dort enthaltenen Beitrag von Elias (1978). der die Richtung zugleich treffend in Frage stellt
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Vgl. z. B. D. Brock und H. R. Vetter 1978. Siehe auch Jürgen Kocka 1979 und Wolf Lepenies 1979, beide im Themenheft »Arbeiterkultur im 19. Jahrhundert« (1/1979) der Zeitschrift für »Geschichte und Gesellschaft«. – Hinzuweisen an dieser Stelle ist auch auf Wirklichkeiten, die man als »Kultur der Armut« bezeichnet hat (Oscar Lewis 1964; vgl. auch Günter Albrecht 1969).
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So Dieter und Karin Claessens 1973.
- 12.
Zur Zusammenfassung und Kritik der Diskussion s. z. B. Lipp 1975, bes. S. 56-71, et passim. Vgl. auch Fritz Sack und Rene König 1968.
- 13.
Siehe den reflektierten überblick bei Fritz Sack 1971. Eine Textsammlung zum Konzept der »Subkultur« hat David Arnold 1970 herausgegeben. Der Begriff der »Gegenkultur« geht auf Milton finger 1961 zurück. Siehe auch denselben 1977: dort auch weitere Literatur.
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Systematische Arbeiten zu diesem Phänomen, das von gegenwärtig auch aktuellem Interesse ist, stehen z. Z. noch aus. Wichtig zum Fragenkomplex ist immer noch Frands 1965a.
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Der Versuch, hier zu präziseren Aussagen zu kommen, hat bekanntlich zur Entwicklung des »political culture«-Konzepts geführt. Vgl. Gabriel A. Almond 1956; denselben und Sidney Verba 1963, ferner etwa den Überblick bei Dirk Berg-Schlosser 1972. – Das Konzept krankt daran, daß es – von den Formalkategorien der Systemtheorie (Talcott Parsons, David Easton) herkommend – die Einzelkulturen, um die es ihm zu tun ist, von Variablen her erfassen will, die es universalistisch in einem Gesamtkatalog zusammenstellt; demgegenüber ginge es darum, Variablenkomplexionen kulturspezifisch für sich, als Typen in ihren Gestaltbedingungen zu konturieren.
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Die Frage eröffnet ein weites Feld. Sie wird im folgenden fokussiert gestellt und grenzt formalwissenschaftliche. philosophisch-logische und sprachwissenschaftliche Arbeiten. so sehr sie in das lhema hineinspielen. damit weitgehend aus. Im Zentrum der folgenden Ausführungen stehen überlegungen vielmehr kulturwissenschaftlich-anthropologischer. daneben tiefenpsychologischer Provenienz. VgI.. den guten. auch exemplarisch fundierten überblick. den zu diesem Gebiet Raymond Firth 1969 gegeben hat. Einze1beiträge, die eine zugleich hier bezeichnende, theoretische Hauptrichtung repräsentieren, haben l L. Dolgin. S. Kemnitzer und M. Schneider 1977 unter dem Titel »Symbolic Anthropology« zusammengetragen. Das Symbolkonzept von AIJr,d Schütz (’932. ’962). Georg’ Herbert M,ad (’934) und generell des »symbolischen Interaktionismus« (vgl. für andere Herbert A. Blumer 1969), das die Soziologie heute weithin beeinflußt. wird nachstehend als bekannt vorausgesetzt und in wichtigen Punkten übernommen. Es ist freilich. wie sich noch zeigen wird. immer dort zu revidieren, wo es. wie schon der Ansatz Max Webers. Symbole und ihren Sinn allein vom Handeln - den »Situationsdefinitionen« von Subjekten -. und nur von daher, erklärt und übersieht. daß Sinn das Dasein auch von sich aus, als eigenständige, schon geltende Relation, durchdringt. S. näher im. Text, Abschnitt IV und Anm.. 33 ff.
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Vgl. C. G. Jung 1952/73, S. 160; 1967, S. 50, 86. Die Unterscheidung in der Symboltheorie – die die Phänomenklassen im übrigen uneinheitlich bewertet – auch sonst von grundsätzlichem Rang. S. z. B. Jean Piaget 1956, S. 140 f.; Werner und Kaplan 1964, S. 13 ff.; oder – von Ernst Cassirer 1929/53-54 herkommend – schon Susanne K. Langer 1942/65, die zwischen »diskursiven« symbolischen Formen (hier: Zeichen) einerseits, »präsentativen« (hier: Symbolen i. e. S.) zum anderen unterscheidet. Ähnliche Begriffspaare, die in diesem Zusammenhang verwendet werden, sind »designativ« und »repräsentativ«, » denotativ« und »konnotativ«; vgl. dazu auch Alfred Lorenzer 1970, S. 39 ff., mit Hinweisen auf weitere Literatur. Die Tatsache, daß Zeichen und Symbole – Semantiken denotativer und Semantiken konnotativer Art – ineinander nicht überführbar sind, legt es am Ende nahe, die Analyse von Symbolen von der Analyse von Zeichen, wie sie einschlägig die Semiotik entwickelt hat, konsequent überhaupt abzutrennen. Symbole semiotisch – und nur semiotisch – zu untersuchen, hieße demnach, sie falsch zu untersuchen (s. pointert vor allem Dan Sperber 1974/75, in Auseinandersetzung mit dem Strukturalismus insbesondere von Claude Levi-Strauss 1958, 1964-71): Symbole sind Zeichen, die Bedeutungen, wie die Semiotik sie systematisiert, in ihren Tiefendimensionen sei es immer übersteigen, sei es schließlich ganz auflösen. Vgl. für die Schule Carl Gustav Jungs, die an »seelisch« begründeten, quasi außerzeitlichen Bedeutungswerten interessiert ist, z. B. Joseph Campbell 1958, der das Problem, das hier vorliegt, unter dem Titel »The Symbol without Meaning« behandelt. – Zur vielschichtigen historischen Dynamik: den Prozessen fortgesetzter Bedeutungsverzweigung, -veränderung, -nachwirkung und -überlagerung, denen Symbole in der Zeit unterliegen, vgl. mit im Ergebnis dialektisch analoger Perspektive jetzt den Sammelband, den zur »Historischen Semantik« Reinhart Koselleck 1978 herausgegeben hat. S. dort insbesondere den Beitrag von Karlheinz Stierle 1978, der mit der Negativbestimmung: »definierbar ist nur das, was keine Geschichte hat« (S. 165), an Friedrich Nietzsche (Zur Genealogie der Moral, in: Werke in drei Bänden, hrsg. von K. Schlechta, Bd. 2, München 1977, S. 820), und mit dem Resümee, »daß jedes Wort (resp. Symbol, W. L.) auf Grund seiner Bedeutungsgeschichte notwendig vieldeutig (S. 166) ist, an Michel Breal (Essai de Semantique, science des significations, Paris 1897, 1921) anknüpft.
- 18.
Der Begriff geht auf Sigmund Freud (1916-17/40; 1932/40) zurück; vgl. auch Ernest Iones 1916/78. Zur weiteren Verwendung s. z. B. Firth 1973 passim.
- 19.
Zur Kategorie des »Themas«, wie sie in der Kulturanthropologie verwendet wird, vgl. besonders Opler, 1945. S. auch M. D. Zamora, J. M. Mabar und H. Orenstein 1971. Im engeren soziologischen Rahmen hat mit guten Gespür auch Niklas Luhmann (1972, S. 54 ff.; 1973) – systemtheoretisch – den Begriff übernommen.
- 20.
Vgl. nicht zuletzt Mary Douglas 1970/74 (s. a. 1966), deren »natural symbols«-Konzept ebenfalls davon ausgeht, daß Sinn eine spannungsgeladene, zwiespältig-polare Struktur, eine »Körper-« und eine »Gesellschafts-«Seite aufweist. Sie entwickelt das gewiß einfache, die Realität oft verkürzende Zwei-Felder-Schema, das sie ursprünglich ansetzt, im Fortgang ihrer Analysen zu einem Vier- und Mehrfach-Felder-Modell, hält am Grundgedanken, daß »natural symbols« im sozialen Raum immer Gegenbilder, Alternativen zum Dasein, signalisieren können, die sich wie der symbolisch-leibliche zum symbolisch-sozialen Körper, wie Sinnlichkeit zu Sinn, verhalten, zugleich aber fest.
- 21.
Der Begriff des »Feldes« fant hier nicht von ungefähr. Die Konnotationen zur Physik (Mathematik). die er mit sich bringt. sind von einschlägigem Interesse gerade auch für die Kulturwissenschaften. einschließlich der PsycholOgie. Kurt Lewin (1951/63) hat den Terminus mit Erfolg in letztere eingeführt., Victor W. Thmer (1957/64, S. 28; s. a. 1974) - unter Berufung auf Lewin - ihn in die Kulturanthropologie übertragen. - Zu benachbarten. weiteren Verwendungen des Begriffs s. auch Harald Mey (1965). - Eine Kulturtheorie, die auf dem Feldkonzept grundsätzlich aufbaut, hat Hugo Fischer 1965 entwickelt.
- 22.
Vgl. näher z. B. Firth 1973, S. 262-298 (Kap. »Hair as private asset and public symbol«)
- 23.
Den Zusammenhang weiterzuverfolgen hieße, sich auf das Problem der »sozialen Evolution« einzulassen und so ein Gebiet zu betreten, das hier ausgespart bleiben sollte. Gewiß ist es richtig, wie Niklas Luhmann 1973 suggeriert hat, daß Gesellschaften als Einheit sich dann begründen – oder besser: sich als Einheit unterstellen -, wenn und sofern sie sich selbst, als ganze, zum Thema machen, sich also »selbst-thematisieren«; fraglich freilich bleibt, ob Einheiten dieser Art, kommen sie überhaupt zustande, dann »kulturell« zu nennen sind: Nach Luhmann, um zu verdeutlichen, sind es Spezialfunktionen – Recht, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft -, nicht aber Verflechtungsweisen überhaupt, die in den Prozessen sozialer Selbstverständigung den Primat übernehmen. Sie lösen einander sukzessive, in evolutionärer Abschichtung ab, und es bleibt durchaus offen, in welcher Form das aktuelle, simultan gegebene Geschehen, trotz oder gerade infolge der genannten, so oder so gerichteten funktionellen Primate, die die Gesellschaft zu beherrschen scheinen, sich vielfältig in sich facettiert und eben so, als Pluralität der Bezüge, zur Kulturgestalt kommt
- 24.
Wie im Anschluß an die Klassiker des Begriffs, William I. Thomas und Florian Znaniecki, besonders der symbolische Interaktionismus herausgestellt hat (vgl. u. Fußn. 27). S. einschlägig auch McHugh 1968; ferner den Überblick z. B. bei Gonos 1977.
- 25.
So dezidiert Roy Wagner (1975, bes. Kap. II: »Culture as creative process«); vgl. neben anderen bes. auch Landmann 1961.
- 26.
Daß Dominativität nicht nur die Ausübung von Macht – ihre Anwendung -, sondern generell den Umgang mit ihr: einschließlich der Unterwerfung unter sie, der Selbstdisziplinierung oder der Machtaskese, bedeuten kann, muß dabei festgehalten bleiben. Auch Asketen – und vielleicht gerade sie – setzen neue, durch sie vermittelte kulturelle Muster gesellschaftlich immer wieder durch. Sie üben »Gewalt« – die sie nicht »äußern«, sondern »hineinnehmen« in sich – auf ihre Weise: gewiß nicht aber in Räumen aus, die frei von Herrschaft wären. – Zum Begrifflichen (»Dominativität«) s. näher auch Lipp 1976, S. 189 f.
- 27.
S. zu diesem Ansatz auch J. G. Manis und B. N. Meltzer 1967, ferner etwa A. M. Rose 1962/67. Vgl. auch Th. P. Wilson 1970/73, der die Perspektive, daß soziales Dasein fortwährend Deutungen, Umdeutungen, Deutungsverteilungen impliziert, als »interpretatives Paradigma« gekennzeichnet hat. – Eine gute, deutsche Zusammenfassung der Richtung gibt jetzt auch Horst J. Helle 1977.
- 28.
Im Sinne Max Webers (1904/22, S. 180 f.). Siehe auch oben, Anm. 1. Die Formel hat vorrangigen Stellenwert auch bei Arnold Gehlen (1940/71), dessen Anthropologie den Menschen als das zur Welt »Stellung nehmende« Wesen generell bestimmt.
- 29.
Schmuck steigert oder erweitert den Eindruck der Persönlichkeit, indem er gleichsam als eine Ausstrahlung ihrer wirkt… Man kann von einer Radioaktivität des Menschen sprechen, um jeden liegt gleichsam eine… Sphäre von ihm ausstrahlender Bedeutung, in die jeder andere, der mit ihm zu tun hat, eintaucht… Die sinnlich merkbaren Einflüsse, die von einem Menschen auf seine Umgebung (hier) ausgehen, sind in irgendeiner Weise Träger einer geistigen Fulguration; und sie wirken als die Symbole einer solchen auch da, wo sie tatsächlich nur äußerlich sind« (Simmel 1908, S. 279). Und mit Bezug auf einschlägiges ethnographisches Material stellt Richard Thurnwald fest: »Das Streben, sich persönlich hervorzutun, Ansehen im Bereich der um das eigene Ich gestellten Menschen zu gewinnen, für diesen Vorzug sinnfälligen Ausdruck zu erlangen und damit zu prunken, ist ein (Grundzug) menschlichen Wesens« (1935, S. 257).
- 30.
Ich folge hier Dolgin, Kemnitzer und Schneider (1977, bes. S. 24-31). Zur Theorie der Metaphorik s. richtungsweisend Kenneth Burke 1946 (linguistisch), ferner Hans Blumenberg 1960 (philosophisch). Zur psychoanalytischen Interpretation s. bes. Jacques Lacan, 1978 (vgl. auch Anm. 40). – Vgl. auch die Hinweise im Beitrag von Arnold Zingerle in diesem Heft.
- 31.
Vgl. auch hier nochmals Landmann 1961, der die genannten Dimensionen dialektisch gut durcharbeitet. – Der Doppelsinn, den Kultur impliziert, wird im übrigen schon etymologisch manifest: »Kultur«, von colere, kultivieren und »pflegen«, hat sprachlich mit »Kult« zu tun: Mit Regelerfüllung, Haltungsnormen und »Pflicht«. Vgl. den Doppelsinn auch von »Erziehung« und »Zucht«: jenen Teilmomenten von Kultur, die begriffsgeschichtlich lange pars pro toto standen. – Zur Begriffsgeschichte von Kultur allgemein s. auch Mohammed Rassem 1979, der sie als »Gärtnergleichnis« konzipiert, sowie den Beitrag von Hans Peter Thurn in diesem Heft. Vgl. ferner Wilhelm Perpeet 1976.
- 32.
S. diesen Begriff – und ein damit verbundenes Symbolkonzept – jetzt auch bei Heiner Treinen (1978, S. 312).
- 33.
Webers Position, an die der vorliegende Beitrag zunächst angeknüpft hat, ist an dieser Stelle zu revidieren. Wertideen, die Weber mit obersten, nur immer vom Handeln, den sozialen Subjekten, her faßbaren Orientierungsweisen gleichsetzt, gelten offenbar auch aus sich heraus. Sie lassen sich nicht beliebig kreieren.
Vgl. zur Korrektur, die an Webers Perspektive anzubringen ist, das Konzept etwa der »idees directrices«, der »Leitideen«, das Maurice Hauriou (1925/65) entwickelt hat: »Ideen dürfen weder mit dem Begriff des Zwecks, (… noch mit) dem der Funktion verwechselt werden« (S. 36). »In Wirklichkeit kann man Ideen gar nicht erschaffen« (S. 39); sie »schaff(en) sich ihre Anhänger« (S. 38) vielmehr selbst; es gibt, wie Hauriou resümiert, eine »Ursprünglichkeit objektiver Ideen« (S. 39): Sinnverhältnisse, die »Anziehungskraft« (S. 66) ausüben, das Dasein in sich »einbeziehen« (S. 45) und »von einem Kopf zum andern überspringen« (ebd.).
- 34.
Auratisch« hier im Sinne von »Schimmer«, »Strahlenkranz«, »Wirkungsfluidum« etc., in dem bestimmte Energiequellen (»Substanzen«), die einen »Hof« um sich bilden, auf Nachbarschaften übergreifen. Nicht gemeint mit dem Ausdruck, wenn auch in Verbindung mit ihm, ist die zugespitzte kultur- und kunstkritische Bedeutung, die ihm Walter Benjamin gab. S. näher zu dieser R. Tiedemann 1965.
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Wie dies nicht zuletzt die »Archetypen«-Forschung – und damit das Werk C. G. Jungs (1934/76) belegt. – Wenn Jung das Konzept des Archetypus, i. e. des symbolisch erscheinenden »kollektiven Unbewußten« u. a. auch auf Levy-Bruhl (1922: »representations collectives«), damit indirekt aber auf Emile Durkheim bezieht, unterliegt er freilich einem Selbstmißverständnis: Sind nach Jung Archetypen, ohne vom Kollektiv schon erzeugt zu sein, kollektiv lediglich präsent, so ist Durkheims »conscience collective«, das nach ihm auf »effervescence«, i. e. massendynamische Erregungszustände zurückgeht (1912; vgl. Steven Lukes 1973, S. 450 ff.), vom Kollektiv unmittelbar auch begründet. Archetypen, wie dagegen festzuhalten ist, sind »Tatsachen« aber primär »seelischer«, nicht – oder doch erst sekundär – »sozialer« Provenienz. Symbole, Bedeutungsgrößen, Sinninhalte, mit anderen Worten, sind nicht schon eo ipso, wie Durkheim es wollte, sozial strukturiert; sie sind sozialen Prozessen – und mit ihnen der Gesellschaft selbst – im Kern vielmehr vorgelagert. (S. Andeutungen in dieser Richtung freilich bei Durkheim selbst: 1912, S. 330; vgl. auch Rene König 1966, S. 45) – Vgl. auch unten, Anm. 37.
- 36.
Durkheims Konzept des »Zwangs«, der von »sozialen Tatsachen« ausgeht (vgl. 1894/1961), ist in diesem Zusammenhang durchaus aufschlußreich. Klammert man den Soziologismus, den es zum Ausdruck bringt, einmal ein, so zeigt es erneut, daß zwischen den Freiheitszuständen ursprünglicher, symbolisch-sozialer Sinnschöpfung – hier also Akten kollektiver Erregung -, die kulturelles Werden begleiten, und den Auflagen, Regeln und Beschränkungen einer Gesellschaft, die sich etabliert und gefestigt hat, offenbar Wechselwirkungen bestehen.
- 37.
Tatsachen, um zu wiederholen, nicht abgeleiteter »sozialer«, sondern irreduzibler, auch eigenständiger Provenienz (s. schon oben Anm. 35).
Wenn eingangs betont wurde (Anm. 1), daß »Formen«, »Strukturen«, »Stile« objektiv, ohne Rekurs auf das handelnde Subjekt, nicht bestimmbar sind, sie nicht gesetzesmäßig also von sich aus wirken, scheint die nunmehr erreichte Perspektive, die Symbolen Eigendynamik zuspricht, einen Widerspruch zu implizieren. Die Verhältnisse sind in der Tat verwickelt. Geht man den Dingen auf den Grund, kann man herausarbeiten, daß das Phänomen, das hier diskutiert wird, am Ende aus verschiedenen – aufeinander zwar bezogenen, nicht aber rückführbaren – Dimensionen besteht. Der Widerspruch löst sich dann: Symbole weisen zum einen eine »Struktur-«, zum anderen eine »Anstoß-«, eine »Impuls-Seite« auf: Größen, die offenbar – wie man formulieren könnte – in einer Art »Unschärfe-Relation« zueinander stehen. Definiert man – theoretisch wie praktisch – an Symbolen, um auszuführen, strukturelle Gehalte, entziehen sich die Anstoßquanten, die sie abstrahlen, der präziseren Messung; sie werden inkognito empfangen. Registriert man umgekehrt den Anfall der Impulse, nimmt man also diese auf und gibt sie weiter, werden die Strukturgehalte unscharf und verschwimmen sie im Unbestimmten.
Für die vorliegende Problematik folgt, daß Symbole, deren Strukturseite – soweit sie expliziert wird – in der Tat auf Bestimmungsleistungen: die Stellungnahme von Subjekten – »soziale Definitionen« – zurückgeht, jeweils auf der Gegenseite, die Seite der Impulse, gleichwohl offene Gehalte – »lebendige« Anstöße – aufweisen, die dynamisch weiterwirken und das Handeln, das ihnen entgegenkommt, fulgurativ übergreifen.
- 38.
Das Phänomen wird nicht zuletzt dann transparent, wenn man die Genese von Sinn, die »archaische« Bedingungslage ins Auge faßt, aus der symbolisches u. d. h.: ideatives, imaginierendes, Kult und Ritus entwickelndes Dasein erwächst. Die moderne Verhaltensforschung, aber auch die ältere, empirisch gerichtete Anthropologie, die hier durchaus umsichtig vorging, haben dazu wichtige Ergebnisse beigebracht. Sei es, daß sie Symbole – etwa mit Arnold Gehlen (1956) – im Ursprung auf Außenweltdaten – »unbestimmte Verpflichtungen«, »Transzendenzen ins Diesseits« -, die das Leben fordern, zurückbezogen haben, sei es, daß sie sie mit Konrad Lorenz (1974, bes. S. 62-87), Eibl-Eibesfeld (1976, bes. S. 107-123) u. a. von inneren Quellen – einander überlagernden, oft gegensätzlich gerichteten, so aber spezifisch »gehemmten« Trieben – abgeleitet haben: Die fraglichen Größen, mehrsinnig hier wie dort angelegt, weisen in jedem Falle, wie die Autoren zeigen, autonome Potenzen auf. Sie pulsieren eigendynamisch und strahlen, setzt man komplexere Entwicklungsstufen an, noch als Obertöne, als verdrängte Bilder, als vermeintlich triviale Momente gestaltend auf das Dasein aus.
- 39.
Die »klassische« Fassung dieser Perspektive hat Ernest Jones 1916/78 gegeben; zur nachfolgenden Diskussion, die den schöpferischen Anteil, den in Symbolisierungsprozessen gerade auch das Ich-Bewußtsein hat, herausstellt, vgl. auch Alfred Lorenzer 1970.
- 40.
Anschauungsweisen, wie sie die Psychoanalyse entwickelt hat, werden von der Ebene der Triebdynamik (und ihrem bes. Symbolhaushalt) so gesehen auf soziokulturelle, historische Prozeßebenen: von endogenen Symbolfeldern auf exogene, die ihrerseits Tiefenschichten und Zonen der Latenz aufweisen, übertragen. – Vgl. die Theoriestrategie, die hier vorliegt, bes. bei Vertretern des französischen Strukturalismus, so schon bei Georges Gurvitch 1950; s. ferner Jacques Lacan, z. B. 1978; Pierre Bourdieu 1970; Paul Ricoeur 1973-74; u. a., die – wie paradigmatisch Claude Levi-Strauss 1958, 1964-71– im Unterschied zur hier vertretenen, pluralistischen Position im Effekt jedoch, wenn auch mit Übergängen, monitisch argumentieren.
- 41.
Zum Konzept der »Gegenläufigkeit« (s. auch oben Anm. 5), das den Charakter der »Ambivalenz« (s. bes. Mircea Eliade 1954, S. 37 ff. et passim), der »polaren Spannung« (Rothacker 1948), des »Antinomischen« (Landmann 1963) etc. kultureller Phänomene thematisiert, vgl. maßgeblich auch C. G. Jung (1952/73: Begriff der »Enantiodromie«).
- 42.
Auf den Zusammenhang von »Bedeutungswert« und »Trivialisierung« – und dessen besondere normativen Implikationen – hat in einer wichtigen, wissenschaftssoziologischen Studie schon Friedrich H. Tenbruck (1975) aufmerksam gemacht.
- 43.
Hierzu ist festzuhalten, daß »survivals«, wie schon Edward B. Tylor (1871) gesehen hat, nicht so sehr als völlig funktionslose, bloß residuale Phänomene bestehen bleiben, sondern im Dasein, wenn diesem auch unterbewußt, durchaus noch ihren Platz – einen ihrerseits aufordnenden, sinnhaft-sS. erstmals Hans Naumann 1921, 1922; ferner etwa Adolf Spamer 1924, mit kritischen Differenzierungen des Konzepts (»Aneignung« und »Umbildung« von »gesunkenem Kulturgut« seitens empfangender Schichten; »Wanderungen« zwischen den Trägergruppen; Bewegungen auch von »unten« nach »oben«).
- 44.
S. erstmals Hans Naumann 192.1. 192.2.; ferner etwa Adolf Spmner 192.. .. mit kritischen Differenzierungen des Konzepts (»Aneignung« und »Umbildung« von »gesunkenem Kulturgut« seitens empfangender Schichten; »Wanderungen« zwischen den Trägergruppen; Bewegungen auch von »unten« nach »oben«).
- 45.
Symbole wirken hier analog zu »unbestimmten Verpflichtungen« (Gehlen 1956. S.154ff.). Gehlen. der diesen Begriff anthropologisch-institutionentheoretisch entwickelt, spricht ähnlich auch von »Appellqualitäh. »Appelldatum« und »Handlungsimpuls« (ebd.). Er verknüpft das Außenphänomen, das in Frage steht, konsequent dabei mit einer Innenseite, die er - mit einem Ausdruck Vilfredo Paretos - als »besoin de faire quelque chose« bezeichnet(1956, S. 154).
- 46.
VgL dazu Leopold Schmidt 1952; s. auch den. 1958; zur Diskussion und Kritik. der Begriffe s. auch Wolfgang BTÜckner 1963, der den generelleren Terminus lt Wertigkeit« favorisiert.
- 47.
Die klassische Untersuchung zu diesem Phänomen hat Rudolf Otto 1917 vorgelegt Eine Fülle von DetaUeinsichten. aber auch gute zusammenfassende überlegungen bringt Eliade 1957.
- 48.
Dies in Anmerkung zur Kritik. die an Theorien, die die Alltagswelt auf sich selbst verkürzen - und so bloß hypostasieren - schon oben. Anm. 9. entwickelt wurde.
- 49.
Eliade spricht – wie im übrigen schon Simmel (s. o. Anm. 29) – von »Fulgurationen« (1954, S. 38, et passim).
- 50.
Vgl. etwa Parsons 1967, S. 160, der es, in Auseinandersetzung z. B. mit Sjoberg und Cain 1971, folgerichtig zugleich auch ablehnt, daß »negative Werte« – kritische, gegenläufige, die Einheit einer Ordnung transzendierende Sinninhalte – in empirisch gültigen, kulturellen Systemen Raum haben könnten (Parsons 1971, bes. S. 387 ff.).
- 51.
Parsons 1961a: S. 964.
- 52.
S. z. B. Parsons 1961a, S. 973 ff., wo Kultur – analog zur Sprache – als Regelsystem im Sinne eines »Repertoires« begriffen wird, das »Spielräume für Freiheit« impliziert; s. auch dens., 1971/72, S. 43 f. (»seed-bed«-Konzept: Prototypische Kulturen als »Pflanzstätten« für weitere, historisch nachfolgende kulturelle Entwicklungen); vgl. bes. auch dens., 1975, S. 77 ff. (Kultur als Analogon zum »gene-pool«-Phänomen: Kulturelle Werte, die im evolutionären Prozeß hervortreten, dominieren im Kultursystem im Sinne wechselnder, sie »abrufender« Anpassungserfordernisse, die die Umwelt stellt).
- 53.
Vgl. z. B. Parsons 1968; s. auch Ackermann und Parsons 1966. Zur Diskussion des Begriffs, vgl. bes. Stefan Jensen 1978, der »orthodox« zugleich Parsons’ Kulturkonzept wiedergibt. Im Unterschied zum Konzept der »Verflechtung«, wie es im vorliegenden Beitrag verwendet wird (s. o., Fußn. 5 u. 41), meint »Interpenetration« hier nicht, daß soziale Sphären vielfältiger, durchaus disparater Provenienz vernetzt einander vermitteln, sondern daß ein oberstes, einheitliches Hauptsystem – das »kulturelle System«, das so als quasi verdinglicht erscheint – linear einen nachgeordneten sozialen Apparat, und vice versa, durchdringt. Parsons’ Perspektive – wie an dieser Stelle festzuhalten ist – impliziert im übrigen nicht, daß »Kultur«, sofern und indem sie »interpenetriert«, auch zugleich schon »handelt«. Im Gegensatz zu »personalen« und »sozialen« Systemen, die handeln können, begreift Parsons Kultur, die über Eigenenergie nicht verfüge, als vielmehr nicht-handelndes System. Vgl. etwa Parsons und Shils 1951, S. 7. (Siehe aber Parsons und Shils 1973, S. 8 ff., die – ohne freilich nähere sachliche Klärung – hier eine terminologische Kehrtwendung vollziehen.) Daß diese Bestimmung der oben entwickelten, hier vertretenen These (s. bes. Anm. 37), Kultur und ihre Einheiten, die Symbole, stellten »Impulsgrößen« dar, von denen »Anstöße« ausgingen, diametral widerspricht, liegt auf der Hand. Angesichts der Vorrangigkeit, die Parsons kulturellen Phänomenen theoretisch vindiziert, muß es jedenfalls überraschen, daß er ihnen Wirkkraft, u. d. h. im Wortsinn: die Kraft zu wirken, zugleich aberkennt..
- 54.
Parsons 1937, S. 607, 610.
- 55.
Bei allem faktischen Wissen, das Parsons von derartigen Prozessen hat – er setzt sich deskriptiv nicht selten selbst mit ihnen auseinander (s. z. B. 1971/72) -, fällt er immer wieder analytisch auf das Konzept einer einheitlichen, konsensintegrierten Gesellschaft zurück. Noch der Begriff z. B. der »Polarisierung«, der Parsons wenn nicht in Richtung einer Konflikttheorie, so doch einer offenen, pluralen Theorie von Gesellschaft hätte lenken können, wird durch den Terminus der »Inklusion«, den der Autor begleitend entwickelt, sofort wieder neutralisiert. (Vgl. z. B. Parsons 1961b; s. in diesem Zusammenhang auch meinen Versuch, Parsons’ Ansatz im Sinne der in ihm selbst liegenden kategorialen Tendenzen – der Implikationen von » Differenzierung «, »Polarisierung«, » Generalisierung « und » Reflexivität« – bis zur Aporie hin kritisch durchzuspielen – und auf diese Weise zu revidieren -, in: Lipp 1971).
- 56.
Diesen wichtigen, kultursoziologisch fundamentalen Aspekt – »Gesellschaft als Kultur« – habe ich näher in Lipp 1979 herausgearbeitet.
- 57.
Vgl. eingehender den Beitrag von Alois Hahn in diesem Heft.
- 58.
Wie zuletzt Elias 1977 hervorgehoben hat.
- 59.
Siehe die im einzelnen durchaus unterschiedlichen, in der Grundthese aber konvergierenden Arbeiten von Friedrich Jonas 1965, Jürgen Habermas 1968, oder auch Herbert Marcuse 1964/67. Vgl. auch Clifford Geertz 1975.
- 60.
S. für andere: Samuel L. Parmar 1976; Kazuko Tsurumi 1977.
- 61.
Zur Diskussion im Anschluß an die Arbeiten des »Club of Rome« (S. Meadows et al., 1972/ 73) vgl. bes. Ophuls 1977. S. auch Schumacher 1974 und Illich 1975. Eine fundierte theoretische Analyse der Entwicklung, die konsequent auf Fragen der Kultursoziologie selbst zugeht, gibt jetzt Balint Balla 1978.
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Lipp, W. (2014). Kulturtypen, Kulturelle Symbole, Handlungswelt. In: Moebius, S., Albrecht, C. (eds) Kultur-Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02254-9_7
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