Zusammenfassung
Die Planung, Durchführung und Evaluation von Verkehrssicherheitskampagnen hat in den vergangenen Jahrzenten eine stetige Professionalisierung erfahren, welche in einer zunehmenden Zahl von wissenschaftlichen und anwendungsorientierten Publikationen sowie einer Ausdifferenzierung der involvierten Akteure zum Ausdruck kommt. Diese Spezialisierung der Wissenschaft und Praxis hat jedoch keine feststellbare Verbesserung der Kampagnenwirkung erzielen können. So zeigt eine Meta-Analyse von Phillips et al., dass die in Evaluationen festgestellten Kampagneneffekte im Zeitraum zwischen 1975 und 2007 nicht etwa stärker, sondern im Gegenteil sogar schwächer wurden. Als mögliche Erklärung führen die Autoren ein insgesamt gestiegenes Sicherheitsniveau an, wodurch das Potenzial für eine weitere Erhöhung der Sicherheit beschränkt bliebe. Es kann aber auch argumentiert werden, dass die Themen im Verlauf der Zeit komplexer geworden sind. Während frühere Kampagnen klar definierte Handlungsanweisungen propagierten (z. B. Einführung der Sicherheitsgurtpflicht), sind heute häufig komplexere Verhaltensweisen wie „angepasste Geschwindigkeit“ oder „Ablenkung“ Gegenstand von entsprechenden kommunikativen Maßnahmen. Durch den großen Interpretationsspielraum und die Kontextabhängigkeit ist es bei diesen Themen entsprechend schwieriger, durch eine Kampagne konkrete Verhaltensveränderungen zu erreichen. Parallel dazu scheint auch das Kampagnenumfeld heterogener geworden zu sein. Neben staatlichen Akteuren engagieren sich zunehmend auch Nicht-Regierungsorganisationen (z. B. Road Cross in der Schweiz) sowie Wirtschaftsunternehmen und Wirtschaftsverbände (z. B. Automobilhersteller, Versicherungen) als Kommunikatoren in der Verkehrssicherheitskommunikation. Bei der Planung, Durchführung und Evaluation von Verkehrssicherheitskampagnen ist dadurch der Abgrenzungs-, Abstimmungs- und Koordinationsaufwand gestiegen. Dieser Umstand spiegelt sich allerdings kaum in der verfügbaren Literatur wider. Vielmehr ist dort eine zunehmende Spezialisierung der Forschung festzustellen, welche zweifelsohne wichtige Fortschritte in Detailfragen ermöglicht, jedoch die Verbindung von Akteuren, Interessen und Lösungsstrategien unbeachtet lässt. Der vorliegende Beitrag versucht, dieser Problematik entgegenzuwirken, indem das Zusammenspiel der fünf wichtigsten Funktionsbereiche im Kampagnenprozess thematisiert wird. Neben der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche steht dabei insbesondere die zeitliche Dimension im Zentrum des Interessens bzw. die Frage, wie viel Vorlaufzeit für die Entwicklung einer Kommunikationskampagne im Verkehrssicherheitsbereich notwendig ist.
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Notes
- 1.
Diese Phase wird an anderer Stelle auch als „Planungsphase“ bezeichnet (Bonfadelli und Friemel 2010, S. 155).
- 2.
Diese Phase wird an anderer Stelle auch als „Umsetzungsphase“ bezeichnet (Bonfadelli und Friemel 2010, S. 155).
- 3.
Diese Phase wird an anderer Stelle auch als „Einsatz“ bezeichnet (Bonfadelli und Friemel 2010, S. 155).
Literatur
Bonfadelli, H., & Friemel, T. N. (2007). Kommunikationskampagnen im Bereich Verkehrssicherheit. Theoretische Grundlagen, Evaluationsbefunde und Toolbox zur Optimierung der Kampagnenpraxis. (Forschungsbericht zuhanden des Fonds für Verkehrssicherheit Schweiz). Zürich: Universität Zürich.
Bonfadelli, H., & Friemel, T. N. (2010). Kommunikationskampagnen im Gesundheitsbereich: Grundlagen und Anwendungen (2., völlig überarbeitete und erweiterte Aufl.). Konstanz: UVK.
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Friemel, T. N., Bonfadelli, H., & Schneider Stingelin, C. (2011). Vorlaufzeit für Kommunikationskampagnen. Projektbericht zuhanden des Fonds für Verkehrssicherheit Schweiz. Zürich: Universität Zürich.
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Schneider Stingelin, C. (2013). Gesundheitskampagnen in der Schweiz: Integriertes Kampagnenmanagement mit theoretischer Fundierung und Evaluation. Dissertation, Universität Zürich.
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Friemel, T., Elbrecht, K. (2015). Kampagnenmanagement: Funktionsbereiche und Zeitbedarf für die Entwicklung von Verkehrssicherheitskampagnen. In: Klimmt, C., Maurer, M., Holte, H., Baumann, E. (eds) Verkehrssicherheitskommunikation. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01130-7_15
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