Zusammenfassung
Das Management hat eine wichtige Führungs- und Steuerungsfunktion bei der Bewältigung jeder Krise. Dies gilt sowohl für schleichende Krisen, die sich von einer strategischen Krise über eine Ertragskrise bis zur Liquiditätskrise zuspitzen, als auch für plötzliche Unternehmenskrisen, die durch ein gravierendes Problem und Ereignis mit hohen negativen Folgewirkungen verursacht werden. Die notwendige Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass ein Lähmungszustand (inertia) des Managements und eine Orientierungslosigkeit im gesamten Unternehmen vermieden werden. Geeignete Instrumente zur Vermeidung von Krisen sind Issue- und Risikomanagement. Mit Ihnen werden im Vorfeld anhand von schwachen Signalen strategisch relevante Themenbereiche, insbesondere bezogen auf den Wettbewerb, die Nachfrage sowie die eigene Wertschöpfung und Produkte, durch Indikatoren operationalisiert und mit Toleranz- und Eingriffsgrenzen gesteuert. Mit einem leistungsfähigen Risikomanagement lassen sich die Gefährdungspotentiale des Unternehmens nach möglichen negativen Auswirkungen und der Eintrittswahrscheinlichkeit bewerten. Für das Management ist zusätzlich von zentraler Bedeutung, dass eine quantifizierte Analyse des Schadenspotenzials z. B. anhand des Economic Value Added (EVA) durchgeführt wird. Hieraus können mehrstufige Wirkungsbeziehungen der Schadensentwicklung berechnet werden. Für die Bewältigung von schleichenden Krisen, die sich i.d.R. über einen längeren Zeitraum bis auf ein Ausmaß von hohen Schadenswirkungen und den Fortbestand bedrohenden Verlusten entwickeln, ist eine aussagefähige Analyse der Ursachen und nicht nur der Symptome unerlässlich. Nur hierdurch wird sichergestellt, dass die Ansatzpunkte für Restrukturierungsmaßnahmen mit dem Ziel des Turn-around richtig ansetzen, Veränderungen tief genug in die Wege geleitet werden und bezogen auf den Zeitpunkt der Maßnahmenumsetzung das volle Wirkungsspektrum erreichen. Die wesentlichen Stellhebel sind Kostensenkung und Prozessoptimierung sowie eine stärkere Kundenorientierung der Marktleistungen und eine auf Produkte und Kunden ausgerichtete Deckungsbeitragsrechnung. Kurzfristig stehen dabei liquiditätswirksame Maßnahmen im Vordergrund. Plötzliche Unternehmenskrisen können nur in einem begrenzten Maße vorhergesehen und durch geeignete Gegenmaßnahmen eingeschränkt werden. In dem Maße, wie gravierende Personen- und Umweltschäden damit verbunden sind, wird die Sachebene durch eine starke Emotionalität auf der psychologischen Ebene überlagert. Die kurzfristigen Reaktionsparameter und die längerfristigen Aktionsmaßnahmen unterscheiden sich dadurch vom Vorgehen bei einer eskalierenden schleichenden Krise. Einem Krisenplan und Krisenteams kommen wichtige Funktionen zu, um Freiheitsgrade des Handelns möglichst schnell zurückzugewinnen.Bei jeder Form einer Unternehmenskrise hat das Management die Aufgabe, aus dem Krisenverlauf, den Ereignissen und den Schadenswirkungen zu lernen, um hieraus Erfahrungswerte für spätere vergleichbare Situationen und für andere Führungskräfte zu generieren und zu dokumentieren. Dieser speziellen Art von Wissensmanagement hat ein gezielter Veränderungsprozess zu folgen, der durch ein konsequentes Lernen aus der durchlaufenen Krise die Früherkennung verbessert und das Präventionsniveau als gezielte Vermeidung von Krisen erhöht. Im Konzept des amerikanischen Excellencemodells (MBMQA) ist die Aufstellung und Leistungsfähigkeit von Notfallplänen zur Krisenbewältigung ein wesentlicher Baustein für eine herausragende Unternehmensführung.
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Töpfer, A. (2013). Die Managementperspektive im Krisenmanagement – Welche Rolle spielt das Management bei der Bewältigung von Krisensituationen?. In: Thießen, A. (eds) Handbuch Krisenmanagement. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19367-0_14
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