Zusammenfassung
Es ist fast schon Tradition, alles Reden und Schreiben über Gender in der Geschichtsdidaktik als Lamento vorzutragen. Brigitte Dehne, die sich im Jahr 2007 als Erste mit einer Monografie zu Gender im Geschichtsunterricht an die Öffentlichkeit traute, konstatierte bereits 2004, dass „Gender […] ein Fremdwort in der Geschichtsdidaktik“ sei und bezeichnete den „Stand der Disziplin in der Genderfrage als unbefriedigend“ (Dehne 2004, S. 9). Auch Christoph Kühberger, der 2007 den Versuch unternahm, Gender als eine graduierungsfähige Kategorie für die empirische Analyse von Geschichtsbewusstsein zu entwerfen, schloss sich den Klagen von Dehne ausdrücklich an, um dann umso plausibler seine eigenen Gedanken als pionierhafte „erste […] Gehversuche“ (Kühberger 2007, S. 640) zu bezeichnen. Hartmann Wunderer, der 2005 mit dem Band Geschlechtergeschichte – Historische Probleme und moderne Konzepte ein Arbeitsheft zum Thema Geschlechtergeschichte für die Sekundarstufe II vorlegte, schöpfte die Legitimation seines Vorhabens aus der Beobachtung, dass „die sozialen Kategorien Stand, Klasse oder Schicht in historischen Analysen eine zentrale Rolle spielen“ (Wunderer 2005, S. 5) – Gender ihm zufolge hingegen nicht.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine überarbeitete Fassung von: Lücke, Martin (2011): Halbe Kraft voraus. Überlegungen während einer Suche nach dem Ort von Gender in der Geschichtsdidaktik. In: Barricelli, Michele/Becker, Axel/Heuer, Christian (Hrsg.): Jede Gegenwart hat ihre Gründe. Geschichtsbewusstsein, historische Lebenswelt und Zukunftserwartung im frühen 21. Jahrhundert (Festschrift für Hans-Jürgen Pandel zum 70. Geburtstag). Schwalbach am Taunus: Wochenschau Verlag, S. 214–226.
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Literatur
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Lücke, M. (2012). Didaktik der Geschichte – Geschlechterkonstruktionen historisch erzählen. In: Kampshoff, M., Wiepcke, C. (eds) Handbuch Geschlechterforschung und Fachdidaktik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18984-0_14
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