Zusammenfassung
Der 2002 erschienene Roman gliedert sich in zwei durch vier Jahre Distanz getrennte Abschnitte. Die Handlung des ersten Teils spielt im Jahr 1978, auf dem Höhepunkt jenes ‚guerra sucia‘ (schmutziger Krieg), den die argentinischen Militärs unter General Videla gegen eine immer größer werdende politische Opposition unter dem euphemistischen Motto eines ‚Prozesses nationaler Erneuerung‘ führten. Der zweite Teil spielt im Jahr 1982, als im Zuge des verlorenen Falklandkrieges der öffentliche Widerstand gegen die Diktatur zum Rücktritt des letzten Juntagenerals Galtieri führte. In beiden Jahren finden im Juni Fußballweltmeisterschaften statt. Argentinien, für das dieser Sport ein zentrales Moment nationaler Identitätsstiftung ist, gewinnt 1978 erstmals den Titel, was von den Militärs als Bestätigung ihres Handels gedeutet wurde, während vier Jahre danach die Unmöglichkeit, den Titel zu verteidigen, in der Bevölkerung als Hinweis auf die tatsächlichen Probleme des Landes und das nahe Ende der Junta verstanden wurde. Zusammengehalten werden die beiden Textabschnitte durch einen gemeinsamen Erzähler-Protagonisten, der während des ganzen Romans – stellvertretend für die vielen Mitläufer diktatorischer Systeme – namenlos bleibt: „Ich war Nr. 640“, sagt er im ersten Teil, als er als Rekrut in einer Kaserne im argentinischen Quilmes Dienst tut. Der junge Mann, ein angehender Medizinstudent, wird in seiner Weltsicht maßgeblich geprägt von seinem Vater, einst selbst Soldat, und seinem Vorgesetzten Dr. Mesiano, dessen Name – der „Messianische“ – eine ironische Anspielung auf das Selbstverständnis der damaligen Militärs ist. Der Rekrut, der dem Militärarzt Dr. Padilla als Fahrer zugeteilt ist, hat die Lehren seines Vaters verinnerlicht, die es ihm leicht machen, das bestehende System nicht in Frage zu stellen: „Militärs folgen klaren Regeln. [...] Der Vorgesetzte hat immer Recht, selbst wenn er nicht Recht hat.“
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
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Wild, G. (2021). Kohan, Martín: Dos veces junio. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_4088-1
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