Zusammenfassung
War für Ćosićs Familienzyklus das Komische charakteristisch, so durchzieht sein im Berliner Exil entstandenes, 2002 erschienenes Buch Nulta zemlja ein melancholischer Grundton, wenngleich das Komische nicht ganz aus dem Buch verbannt ist. Das zentrale Verfahren ist die Allegorie. Auf dem Rückzug aus seinem Land hat sich der Erzähler in seinem Haus über dem Meer verschanzt und erinnert sich nun an das Leben in diesem Land. Die grausamen Seiten des real existierenden Sozialismus haben immer wieder reichlich Stoff für die literarische Verarbeitung geliefert. Doch Ćosić ging es nicht darum, Verfolgung, Gefängnis oder Lager darzustellen, sondern die innere Drangsal der Menschen, die Bedrohung und Verführung von Geist und Seele. Die Menschen haben ihre Seele zwar nicht verkauft, aber sie haben sie verwahrlosen lassen, so dass sie ihnen abhanden gekommen ist wie eine Garnspule, die man verlegt hat. Anders der Erzähler: Er hat in dem Haus über dem Meer ein Refugium für seine Seele gefunden und hütet sie vor seinen Nachbarn, die im Gegensatz zu ihm im Dienst des Landes stehen, von dem er belagert wird. In diesem Land herrschen Ereignislosigkeit, Warten, Leere, Monotonie.
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
Similar content being viewed by others
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Section Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature
About this entry
Cite this entry
Wolf-Grießhaber, K. (2020). Ćosić, Bora: Nulta zemlja. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_287-1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_287-1
Received:
Accepted:
Published:
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-05728-0
Online ISBN: 978-3-476-05728-0
eBook Packages: Kindlers Literatur Lexikon (KLL)