Zusammenfassung
Die philosophische Schrift erschien zunächst 1786/87 im Teutschen Merkur, dann 1789 als Buchausgabe und schließlich 1790 bis 1792 in einer stark erweiterten Auflage in zwei Bänden. In den Briefen, die nach dem Urteil Kants „an mit Gründlichkeit verbundener Anmut“ nicht zu übertreffen sind, will Reinhold die „Resultate“ der Kantischen Philosophie „unabhängig von ihren in der Kritik der Vernunft entwickelten Prämissen vortragen“, sie „an bereits vorhandene Überzeugungen“ anknüpfen und „ihren Zusammenhang mit den wesentlichen wissenschaftlichen und sittlichen Bedürfnissen unseres Zeitalters“ sichtbar machen. Der Widerstreit der philosophischen Systeme und die dadurch bewirkte „Erschütterung aller unserer bisherigen Lehrgebäude“ hat nach Reinhold zu den „unserer Zeit so eigenthümlichen Phänomenen eines förmlichen Vernunftshasses“ geführt und vor allem „das Recht und Vermögen der Vernunft in Religionssachen“ fragwürdig gemacht. Der Gegensatz von Vernunft und Glaube scheint unauflösbar, eine „allgemein befriedigende Antwort über die Frage vom Dasein Gottes“ daher unmöglich und unsere „Hoffnung im zukünftigen Leben“ folglich unbegründet zu sein. Gegenüber den Ansprüchen der Metaphysiker habe Kant jedoch den Missbrauch der Vernunft aufgedeckt und zugleich die Eingriffe der Supranaturalisten in die Rechte der Vernunft zurückgewiesen. Damit habe Kant zugleich die Voraussetzung für die Vollendung der durch das Christentum „auf dem Wege des Herzens“ eingeleiteten Vereinigung von Religion und Moral geschaffen. Kant hat nach Reinhold nicht nur gezeigt, dass praktische Vernunft den „einzigen unerschütterlichen und allgemeingiltigen Erkenntnisgrund“ der Religion bilde, sondern auch mit dem Gedanken eines höchsten Gutes sowohl dem Glauben an Gott als auch der Überzeugung von der Unsterblichkeit der Seele ein sicheres Fundament gegeben.
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
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Bibliographie
Literatur
W. H. Schrader: Systemphilosophie als Aufklärung. Zum Philosophiebegriff K. L. R.s, in: Studia Leibnitiana 15, 1983, 72–81.
M. Bondeli: Die Philosophie K. L. R.s, 2003.
A. Lazzari: ‚Das Eine, was der Menschheit Noth ist‘. Einheit und Freiheit in der Philosophie K. L. R.s (1789–1792), 2004.
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Schrader, W.H. (2020). Reinhold, Karl Leonhard: Briefe über die Kantische Philosophie. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_20243-1
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