Zusammenfassung
Dass wir nicht entscheiden können, »ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist«, war bekanntlich eines der Probleme, über die Kleist nach genauerer Bekanntschaft mit »der neueren sogenannten Kantischen Philosophie« (DKV IV, 205) in eine Krise geriet und das ihm eine Leitlinie für seine Dichtungen vorgegeben hat: Das Wahrheitsproblem steht im Zentrum fast all seiner Werke, vornehmlich allerdings in Gestalt einer Verfehlung der Wahrheit, sei es durch bewusste Täuschung von Seiten eines Gegenübers, sei es durch Selbsttäuschung.
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Anmerkungen
Vgl. Navid Kermani, Rede zur Verleihung des Kleist-Preises 2012. In: KJb 2013, S. 13–20, hier S. 15, 19.
Vgl. Margrit Vogt und Carl Niekerk, Die widersprüchliche Ordnung der Dinge. Objekte, Körper und Identitäten in ›Der zerbrochne Krug‹, ›Amphitryon‹ und den Kant-Briefen. In: KJb 2015, S. 131–150, hier S. 138f. — Unklar bleibt dann allerdings noch, wieso Eve »Gottes leuchtend Antlitz« (Vs. 2376) auf der Münze zu sehen glaubt.
Immer wieder findet sich in der Forschung die Behauptung oder wenigstens die Mutmaßung, Herrmann habe, um Aufruhr zu erregen, Hally durch als Römer verkleidete Germanen vergewaltigen lassen. Vgl. Christine Künzel, Gewaltsame Transformationen. Der Versehrte weibliche Körper als Text und Zeichen in Kleists ›Hermannsschlacht‹. In: KJb 2003, S. 165–183, hier S. 169
Michael Neumann, »Und sehn, ob uns der Zufall etwas beut«. Kleists Kasuistik der Ermächtigung im Drama ›Die Hermannsschlacht‹. In: KJb 2006, S. 137–156, hier S. 140–143. — Ich halte diese Unterstellung für abwegig. Sie lässt sich vom Text her allenfalls sehr notdürftig stützen, nicht aber von der Gesamttendenz des Stücks her und im Zusammenhang mit Kleists anderen politischen (antifranzösischen) Texten: Sie käme ja einem Freispruch für die ›Feinde‹ gleich.
Die ebenfalls hier und da vertretene Meinung, dieser Brief stelle eine von Herrmann veranlasste Fälschung dar (vgl. vor allem Regina Schäfer, Der gefälschte Brief. Eine unkonventionelle Hypothese zu Kleists ›Hermannsschlacht‹. In: KJb 1993, S. 181–189), steht im Widerspruch zur Handlungsführung: In II,4 lässt Ventidius einen Boten warten, weil ihm noch »ein Geschäft / Für Livia« obliege (Vs. 528f); dem folgen (in II,5–7) seine Bitte um eine Locke Thusneldas und der Lockenraub.
Vgl. László F. Földényi, Heinrich von Kleist. Im Netz der Wörter, aus dem Ungarischen übersetzt von Akos Doma, München 1999, S. 245, 321.
In einem insgesamt überanstrengten Essay hat Roland Reuß versucht, die auffallend detaillierte Beschreibung des Pfeils als versteckt selbstreferentielle Reflexion auf Kleists Erzählstil zu deuten: Roland Reuß, »Mit gebrochenen Worten«. Zu Kleists Erzählung ›Der Zweikampf‹. In: Brandenburger Kleist-Blätter 7 (1994), S. 3–41, hier S. 37–41. In dieser Sichtweise würde allerdings verständlicher, warum die Mordwaffe in der Kriminalhandlung dann gar keine Rolle mehr spielt.
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Müller-Salget, K. (2015). Beweis-Stücke. In: Blamberger, G., Breuer, I., de Bruyn, W., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2015. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01399-6_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-01399-6_6
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